Lothar Lockl, der neue Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, dankt den mehr als drei Millionen GIS-Zahlerinnen und -Zahlern für ihren Beitrag.

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Wien – "Klar haben wir ein Thema mit GIS-Abmeldungen", räumt der neue Vorsitzende des obersten ORF-Gremiums, Lothar Lockl, ein. Am Donnerstag musste sich der Stiftungsrat neuerlich mit der Finanzierungslücke für 2022 beschäftigen – noch fehlen laut Prognose auch wegen GIS-Lücken zwölf Millionen Euro für das laufende Jahr. Doch Lothar Lockl dankt nach der Sitzung lieber den Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahlern.

"Bestes öffentlich-rechtliches Programm"

"Ich will mich bei den weit über drei Millionen Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahlern bedanken", sagt er nach seiner ersten Sitzung als Vorsitzender des Stiftungsrats. Sie ermöglichten, "dass der ORF das beste öffentlich-rechtliche Programm produzieren und ausstrahlen kann".

Die Marktanteile und Reichweiten des ORF zeigten deutlich, dass ein großer Teil der Bevölkerung zufrieden sei. Der ORF sei zudem vertrauenswürdigste Quelle unter den Medien in Österreich auch laut jüngstem "Digital News Report" – "in Konkurrenz mit internationalen Plattformen, auf denen sich auch Fake News rasch verbreiteten.

650 Millionen Euro

Die mehr als drei Millionen GIS-Haushalte finanzieren rund zwei Drittel des ORF-Budgets – 650 von gut einer Milliarde Euro. Die Werte stammen aus 2021, vor der Gebührenerhöhung im Februar 2022 um acht Prozent.

Abmeldungen von der GIS unter Verweis auf reine Streamingnutzung, die nicht GIS-pflichtig ist, haben seit Jahresbeginn deutlich zugenommen. Und diese "Streaminglücke", wie der ORF die Gebührenfreiheit für Streaming nennt, wird noch größer, prognostiziert eine Studie des Salzburger Kommunikationswissenschafters Josef Trappel für den ORF.

Rote Linien

Der ORF hofft auf eine Gesetzesnovelle, die auch GIS-Pflicht für Streamingnutzung vorsieht. Doch die Verhandlungen für eine Digitalnovelle – auch mit mehr Streamingmöglichkeiten für den ORF – gestalten sich zäh. ORF, Zeitungsverband und Privatrundfunkverband haben ihre Kompromissmöglichkeiten und No-Gos gerade in einem gemeinsamen Papier an Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) und die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger zusammengefasst. Verhandlungspositionen und Forderungen sollen noch "rote Linien" des jeweils anderen überragen – etwa die Zukunft des Nachrichtenportals ORF.at ist heftig umstritten.

Weißmann und Breitenecker

Kommende Woche treffen einander ORF-General Roland Weißmann und ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker auf dem Podium des nun erstmals gemeinsam veranstalteten und vom ORF mit kolportierten, aber nicht kommentierten 250.000 Euro mitfinanzierten "4GameChangers"-Festivals in Wien, Medienministerin Raab ist angefragt. Auch da geht es naturgemäß um Medienpolitik.

Der Termin verspricht durchaus Konfliktstoff: Breitenecker fiel in den Verhandlungsrunden der Branchenvertreter bei der Medienministerin in den vergangenen Monaten mit sehr weitreichenden Forderungen auf – etwa umfassendem Zugriff von Privaten auf ORF-Produktionen. (fid, 24.6.2022)