Nach sieben Jahren treffen sich die G7-Chefs wieder im Schlosshotel Elmau in den bayerischen Alpen. Das Polizeiaufgebot ist massiv.

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Für die Schülerinnen und Schüler im Landkreis Garmisch-Partenkirchen wiederholt sich ab diesem Freitag für drei Schultage das Pandemiegeschehen. Sie gehen nicht in die Schule, sondern müssen in den Distanzunterricht.

Doch es ist nicht mehr das Coronavirus, das sie dorthin zwingt, sondern ein Großereignis im kleinen Ort Klais. Dort beginnt am Sonntag der G7-Gipfel, zu dem der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz geladen hat.

Viele Straßen werden gesperrt sein, es gilt natürlich die höchste Sicherheitsstufe, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten demokratisch regierten Industrienationen (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, USA, Großbritannien) versammeln.

Da sollen die Kinder lieber gleich daheim bleiben. Denn oberste Prämisse der bayerischen Polizei ist: Alles soll sicher und geordnet ablaufen. Bitte nur kein Chaos, wie Deutschland es zuletzt, im Jahr 2017, beim G20-Gipfel in Hamburg erlebt hat. Bürgermeister der Hansestadt war damals übrigens: Olaf Scholz.

Jetzt ist er nicht nur Kanzler, sondern er hat derzeit auch den Vorsitz in der G7-Gruppe inne. Und viele in den bayerischen Alpen haben ein Déjà-vu. Im noblen Schlosshotel Elmau haben sich die Mächtigen der Welt schon einmal versammelt. Aus Sicht der Veranstalter eignet sich das abgelegene Ressort perfekt für Gipfel: Man kann die Zufahrten gut abriegeln, dahinter liegen ohnehin die Alpen.

Scholz hat nicht gefragt

"Der Bundeskanzler hat uns nicht gefragt, es ist uns mitgeteilt worden", erklärte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern die Einschränkungen, die sie ertragen müssen.

Vor sieben Jahren waren noch Angela Merkel und Barack Obama in Elmau tonangebend, der ehemalige US-Präsident lernte damals auch bayerische Lederhosen kennen.

Nun ist Scholz dran. Geändert allerdings hat sich die Agenda. 2015 durfte Russland – nach der Annexion der Krim – schon nicht mehr im ursprünglichen G8-Format dabei sein. Nun beherrscht der Krieg in der Ukraine den Gipfel.

Die USA wollen nach Angaben aus dem Weißen Haus den Druck auf Russland erhöhen und "eine Reihe konkreter Vorschläge" dazu unterbreiten. Das sagte ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter. Damit soll in bayerischer Alpenkulisse auch die gemeinsame Unterstützung für die Ukraine demonstriert werden. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj wird zu den Beratungen zugeschaltet.

Scholz will den Blick schon weit nach vorne richten. Im Bundestag forderte er am Mittwoch einen "Marshallplan" für den Wiederaufbau des Landes, so wie es ihn nach dem Zweiten Weltkrieg für Deutschland und andere europäische Staaten gegeben hat. "Wir werden viele weitere Milliarden Euro und Dollar für den Wiederaufbau brauchen – und das über Jahre hinweg. Das geht nur mit vereinten Kräften", sagte er in seiner Regierungserklärung.

Eingeladen, als Gastländer, hat Scholz auch Indien, Indonesien, Südafrika, den Senegal und Argentinien. "Unser Verständnis von Demokratie greift zu kurz, wenn wir uns nur auf den klassischen Westen konzentrieren", betonte er. Seine Absicht: sich besser mit diesen Gästen zu vernetzen, um den Einfluss Russlands zu beschneiden.

Blick auf Demokratie

Daher hat der deutsche Kanzler auch schon eine Vorstellung, was diesbezüglich ein gelungenes Treffen ausmachen würde: "Ein besonderer Erfolg wäre es, wenn der Gipfel der Ausgangspunkt für einen neuen Blick auf die Welt der Demokratie sein könnte." Zu besprechen gibt es, abgesehen vom Krieg in der Ukraine, noch genug: Weltwirtschaft, Energie, Klima, Gesundheit.

Zum Gipfel sind zahlreiche Demonstrationen angemeldet. Schon am Samstag erwarten die Veranstalter 20.000 Menschen in München auf der Theresienwiese. Gefordert wird, "endlich konsequent gegen Hunger, Armut und Ungleichheit in der Welt aktiv zu werden".

In Garmisch-Partenkirchen sind dann weitere Proteste geplant, es gibt auch wieder ein Camp der Gegnerinnen und Gegner des G7-Gipfel-Formats.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SDP) appelliert an die Teilnehmer, die Demonstrationen friedlich zu halten. Im Vorfeld des Gipfels sind in München acht Polizeiautos in Brand gesteckt worden, in Garmisch-Partenkirchen wurden Stromverteilerkästen manipuliert. (Birgit Baumann aus Berlin, 24.6.2022)