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PRO: Alle müssen mithelfen

von Birgit Baumann

Frieren im Winter? Der Gedanke ist derzeit weit weg. Es ist Sommer, es ist heiß, kalt sind im Moment das Erdbeereis und die bunten Drinks. An die Energiekrise denken viele so wie an die Pandemie: Es wird im Herbst oder Winter schon nicht so schlimm werden.

Doch das könnte sich als fataler Irrtum erweisen – und daher muss Energiesparen jetzt schon das große Thema sein. Und es liegt falsch, wer dabei nur an die Industrie denkt.

Natürlich, dort wäre der größte Hebel. Aber angesichts der ernsten Lage müssen alle mithelfen, auch die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher.

In einer idealen Welt, in der es übrigens auch keinen Krieg gäbe, gelänge das private Energiesparen selbstverständlich ohne Anreize und ohne Bonus, weil die Menschen ja so vernünftig sind. Das allerdings ist nur die Theorie.

In der Praxis sind wir nachlässig, lassen das Licht brennen, den Fernseher auf Standby und vergessen Kochtopfdeckel. Es sind nur Kleinigkeiten, aber sie summieren sich. Wenn Millionen Haushalte anfangen, etwas beizutragen, dann merkt man das in der Bilanz.

Daher ist ein Energiesparbonus sinnvoll. Geld für Wohlverhalten kann ein enormer Anreiz sein. Außerdem hätte diese Aktion auch noch erzieherischen Wert: Wenn es eines Tages kein Geld mehr fürs Energiesparen gibt, funktioniert es auch so, weil man sich einfach daran gewöhnt hat. (Birgit Baumann, 23.6.2022)

KONTRA: Bonus für Verschwender

von Regina Bruckner

Beim Kochen gehört der Deckel auf den Topf, der Wasserkocher ist beim Erhitzen energietechnisch günstiger als der Herd. Licht und Wasser dreht man ab, wenn man es nicht braucht. Wer mit dem Auto fährt, spart, wenn man gleitet und nicht hetzt. Das klingt alles schrecklich trivial. Viele von uns bekümmerte das in den vergangenen Jahren trotzdem herzlich wenig. Strom kam aus der Steckdose, der Sprit aus der Zapfpistole, die Wärme aus dem Heizkörper.

Dass es eine Krise wie die aktuelle braucht, um uns bewusst zu machen, dass Energie knapp und damit drastisch teurer werden kann, ist ein Versäumnis der Politik. Fachleute weisen seit Jahr und Tag darauf hin, dass beim Energiesparen auch in den Haushalten viel Luft nach oben ist. Unterstützt wurden sie in ihren aufklärerischen Bemühungen halbherzig.

Jetzt ist angesichts der Energiekrise Feuer am Dach. Dass abgesehen von der Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen auch der Verbrauch in vielen Bereichen gedrosselt werden soll, liegt auf der Hand. Und wie schafft man das? Positive Anreize, wie sie derzeit überlegt werden, sind grundsätzlich eine vorzügliche Idee: Tarife der Energieversorger etwa, die jene belohnen, die weniger verbrauchen. Dass jene, die bisher besonders verschwenderisch waren und deshalb viel Einsparungspotenzial haben, mit einem Extrabonus belohnt werden, ist aber nicht einzusehen. (Regina Bruckner, 23.6.2022)