Wer im Supermarkt vor dem Bierregal steht, bekommt schnell einmal den Eindruck, als wäre die Auswahl riesengroß. Eine Markenvielfalt besteht, doch beim genaueren Hinsehen wird schnell klar, dass diese durchaus einseitig ist. Denn ein großer Teil kommt von der Brau Union. Gösser, Zipfer, Wieselburger, Puntigamer – um nur ein paar der insgesamt 13 unterschiedlichen Biere zu nennen.

Seit 2003 steht der heimische Branchenkrösus zur Gänze im Eigentum des niederländischen Heineken-Konzerns, wohl ein Mitgrund, warum deren Produkte unter Bierliebhaberinnen und Bierliebhabern nicht den besten Ruf genießen. Auch das Argument "Schmeckt alles gleich" fällt regelmäßig.

Die Brau Union vereint unter anderem die Marken Gösser, Zipfer, Kaiser, Puntigamer, Schwechater, Wieselburger, Schladminger und Edelweiss unter ihrem Dach.
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Hausdurchsuchung

Da helfen aktuellen Entwicklungen rund um die Linzer Aktiengesellschaft auch nicht: Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat bestätigt, bereits Anfang April eine Hausdurchsuchung in der Firmenzentrale der Brau Union durchgeführt zu haben. Das bestätigte die Behörde gegenüber dem ORF-Wirtschaftsmagazin Eco am Donnerstagabend. Grund war Verdacht auf Marktmissbrauch.

Demnach soll die Brau Union Druck auf mehrere regionale Getränkelieferanten ausgeübt haben, neben Bier auch Wein, Spirituosen und alkoholfreie Getränke ausschließlich von ihr zu beziehen. Für die regionalen Händler hätte das Umsatzeinbußen zur Folge, dementsprechend lehnten sie ab. Im Umkehrschluss soll die Brau Union gedroht haben, den Händlern kein Bier mehr zu verkaufen und dieses fortan selbst auszuliefern. Das wäre eine reale Existenzbedrohung.

Marktmacht

Marktmacht an sich sei kein Problem, sagt ein Sprecher der BWB gegenüber dem ORF, komme es zum Missbrauch, werde das aber kartellrechtlich relevant. Die Beschwerden würden einerseits von besagten eigenständigen Getränkehändlern eingehen, andererseits gebe es auch viele anonyme Hinweise in diese Richtung.

Eine Unternehmenssprecherin bestätigte die Hausdurchsuchung, meinte auch, dass die Vorwürfe "schwerwiegend" seien, aber man diese "gelassen" nehme. Sie betonte, die Brau Union kooperiere mit der BWB, da man an einer schnellen Aufklärung interessiert sei. Aufgrund börsentechnischer Regelungen und der laufenden Ermittlungen könne sie aber nicht mehr sagen. Außerdem wollte sie noch klarstellen, dass diese Ermittlungen nichts mit einem noch laufenden Verfahren gegen Bürgerbräu wegen des Verdachts des unlauteren Wettbewerbs zu tun habe.

Beim Bier hört sich in Österreich der Spaß auf. Die Kritik am ohnehin oft bemängelten Verhalten der Brau Union nimmt weiter zu.
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In der Praxis an Brau Union vorbeizukommen gestaltet sich vor allem für kleine Bierproduzenten sehr schwer, wie Michael Datzberger vom Mostviertler Betrieb Bierkanter erzählt: "Du brauchst unabhängige Gastronomen, sonst ist es fast unmöglich reinzukommen. Die meisten haben Exklusivverträge mit großen Produzenten. Am ehesten funktioniert es mit Flaschenbier." Danach komme es auf die Lokale selbst an. Oft läuft es so, dass große Bierbrauer der Gastronomie eine Zapfanlage vorfinanzieren und diese über das verkaufte Bier abbezahlt wird. Datzberger betreibt Bierkanter allein und stellt im Jahr 150 Hektoliter Bier her. "Am Radar von den Großen scheine ich nicht einmal auf, und das passt mir gut so", sagt Datzberger lachend. Verkaufen würde er sein "Baby" nie, da könne kommen, wer wolle.

Regelmäßige Kritik

Durch die Preisschlacht in der Pandemie ist der Marktanteil der Brau Union von zuvor rund 50 auf 58 Prozent weiter gestiegen. Zum Vergleich: Stiegl liegt in etwa bei elf Prozent und Ottakringer bei sechs.

In der Vergangenheit gab es branchenintern immer wieder Kritik am aggressiven Verhalten des Primus. Deswegen schlossen sich im Herbst private Brauereien zur Initiative Unabhängige Privatbrauereien Österreichs zusammen, um sich bewusst von Konzernen abzugrenzen. 30 Mitglieder zählt die Initiative aktuell, darunter etwa Ottakringer, Murauer, Egger und Zwettler. (Andreas Danzer, 24.6.2022)