Die Pandemie hat uns viele Dinge gebracht, darunter vor allem Unmut. Diesen lassen manche gerne an Menschen aus, die in der Öffentlichkeit ihre Meinung kundtun oder die öffentliche Aufmerksamkeit auf Berichtenswertes lenken, wie Journalistinnen, Blogger und Medien im Generellen. Öffentlich exponierte Berufsgruppen dienen vielen als Projektionsfläche für die eigene Unzufriedenheit mit dem Status Quo, und damit auch als Ziel von rechtlichen Klagen und Beschwerden, wenn man mit dem Gelesenen nicht einverstanden ist.

Ein neuer Richtlinienentwurf der EU soll gegen die rechtsmissbräuchliche Ausübung von Rechten, sogenannte Strategic Lawsuits Against Public Participation, kurz Slapp, Abhilfe schaffen. Neben der Richtlinie für grenzüberschreitende Sachverhalte soll es auch eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten geben das Thema national zu regeln.

Was ist ein Slapp?

Hier klingt nicht umsonst das englische Wort für Ohrfeige an, denn es geht darum für den Standpunkt, den man in der Öffentlichkeit einnimmt auf gut österreichisch "abgewatscht" zu werden. Rechtliche Mittel, die an sich einen legitimen Sinn erfüllen und vor allem die Privatsphäre in Relation zur Meinungs- und Pressefreiheit schützen sollen, werden bei Slapp-Klagen und Beschwerden dazu missbraucht, um demjenigen, mit dem man nicht einer Meinung ist, zu schaden. Entweder indem man tatsächlichen finanziellen Druck durch Klagen erzeugt oder indem man durch Klagsdrohungen oder Beschwerden vor Behörden Mehrarbeit verursacht und damit zeitliche Ressourcen bindet. Das Motiv hinter diesen Klagen und Beschwerden ist dabei nicht ein inhaltlich an der Sache orientiertes, sondern ein unlauteres: Der andere soll sich mindestens genauso ärgern müssen, wie man sich selbst über eine Berichterstattung oder einen Kommentar geärgert hat. Und er soll unliebsame Äußerungen in Zukunft unterlassen.

Slapp-Klagen schaden der Meinungs- und Pressefreiheit.
Foto: https://www.istockphoto.com/AntonVierietin

Der Presseclub Concordia hat sich am Mittwoch dem Thema Slapp mit einer Konferenz gewidmet. Unter den Diskutanten gab es dabei nicht nur vorbehaltlose Zustimmung. Einig war man sich, dass es begrüßenswert ist, nun erstmals eine offizielle Definition des Begriffs Slapp als rechtliche Diskussionsgrundlage zu haben. Seitens der Europäischen Kommission wurden im Richtlinienentwurf einige Indikationen für Slapp herausgearbeitet, so etwa unangemessene Forderungen, die Anstrengung mehrerer verschiedener Verfahren oder auch Einschüchterungsversuche.

Das European Center for Press & Media Freedom trug dazu aus Studien zu dokumentierten Fällen vor und wies auf eine ungleich höhere Dunkelziffer von rechtlichen Klagsdrohungen und Beschwerden hin. Dabei seien die häufigsten für Slapp genutzten Tatbestände die zivilrechtliche Ehrbeleidigung und die Ausübung von Datenschutzrechten. Auch die Erfahrung aus der Praxis der Medienbranche zeigt, dass sich diese Art der Rechteausübung mit fragwürdigen Motiven immer öfter in datenschutzrechtlichen Auskunfts- und Löschanfragen und nicht zuletzt Beschwerden vor der Datenschutzbehörde zeigt.

Braucht es eine Slapp-Gesetzgebung, um die Fehler der Praxis zu sanieren?

Von einigen Diskutanten der Slapp-Konferenz wurde auch kritisch angemerkt, dass unsere Rechtsordnung an sich bereits die notwendigen Mittel vorsehen würde, um die rechtsmissbräuchliche Ausübung von Rechten zu verhindern. So gibt es etwa die Klausel zur mutwilligen Schädigung des § 1295 Abs 2 ABGB, die Regelung zur mutwilligen Prozessführung des § 408 ZPO oder der mutwilligen Unterlassungsklage des § 394 EO. Bei Verfahren vor Behörden können nach § 35 AVG Mutwillensstrafen ausgesprochen werden, und auch Art. 12 Abs 5 DSGVO sieht im Fall der rechtsmissbräuchlichen Ausübung der Rechte auf Auskunft und Löschung ein Weigerungsrecht vor diesen Anfragen nachzukommen. All diese Normen setzen allerdings erst nach einem Verfahren an, also zu einem Zeitpunkt, wenn der Schaden bereits eingetreten ist und werden außerdem in der Praxis nur sparsam eingesetzt. Das eigentliche Problem liegt aber am Beginn eines Verfahrens, wenn offensichtlich rechtsmissbräuchliche Klagen und Beschwerden vor Gerichten und Behörden zugelassen werden.

Was ändert die Slapp-Richtlinie?

Die Slapp-Richtlinie setzt, anders als die vorgenannten vereinzelten Regelungen, nicht da an wo der Schaden bereits entstanden ist, sondern sieht zu Verfahrensbeginn im Fall des Verdachts auf eine Slapp-Motivation ein Vorverfahren vor, in dem die Klägerseite nachweisen muss, dass kein unlauteres Klagsmotiv vorliegt. Um dieses Vorverfahren auszulösen, muss seitens des Beklagten nur eingewendet werden, dass die Klage in Zusammenhang mit einer öffentlichen Meinungsäußerung erfolgt ist.

Auch wenn die Diskutanten bei der Slapp-Konferenz des Presseclubs Concordia nicht in allen Punkten übereingestimmt haben, war man sich zumindest darin einig, dass die, nun mit dem Richtlinienentwurf neu entbrannte Diskussion zum Thema Slapp in der Medienbranche jedenfalls eine ist, die es auch weiterhin wert ist geführt zu werden. (Verena Ehrnberger, 24.6.2022)

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