"Die Schüler:innen der 3A der Volksschule Kraig sind wohl mit die jüngsten ,Jungunternehmer:innen‘ Österreichs, die heuer am Projekt ,Junior Company‘ teilnehmen", freut sich Petra Kuttnig-Kosche. Sie ist Lehrerin im knapp 500 Einwohner:innen zählenden Kärntner Ort Kraig und begleitet gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea Reiter die Acht- und Neunjährigen, wenn sie zum ersten Mal spielerisch – im Rahmen eines fächerübergreifenden Unterrichts – in die Welt der Berufe und somit auch der Wirtschaft eintauchen.

Auch an den Volksschulen finden sich bereits erfolgreiche Jungunternehmer:innen.
Foto: Peter Rösler

Was arbeiten eigentlich die Eltern?

"Der Unterschied zwischen Dienstleistung und Produktion wurde den Kindern sofort klar, indem sie die Berufe ihrer Eltern durchleuchteten und vorstellten. Und schon bald flammte der Gedanke auf, selbst ein ,kleines Unternehmen‘ zu gründen", erzählt Petra Kuttnig-Kosche. Wichtig ist ihr dabei, dass jedes Kind seinen Platz im Unternehmen findet: "Je nach Fähigkeiten und persönlichen Kompetenzen soll gewählt werden, ob man beim Marketing, der Buchhaltung, dem Verkauf oder der Werbung mitgestalten möchte."

Jeans-Upcycling als Geschäftsidee

Mit großem Engagement machten sich die Schüler:innen an die Arbeit, sammelten Ideen, Vorschläge, Skizzen und Pläne, die in eine eigene Projektmappe Eingang fanden. "Die Kinder wollen mit natürlichen Materialien wie Ton und Holz kleine Präsente und Mitbringsel designen und herstellen. Da ihnen auch ,Nachhaltigkeit‘ bereits ein Begriff ist, planen sie, alte Jeans zu neuen Produkten zu ,upcyceln‘. Produziert wird ab Herbst in den Werk- und Kreativstunden und angeboten werden die Produkte im Dezember im Rahmen einer ,Wintersportartikel-Tauschbörse‘ im Kultursaal der Gemeinde", so die Lehrerin. Sogar einen eigenen "Mini-Company-Song" hat die 3A getextet, den sie bei der Präsentation ihres "Mini-Unternehmens" vorführen wird.

Viel Spielraum für eigene Ideen

Auch an der Volksschule Sitzenberg-Reidling im Bezirk Tulln in Niederösterreich machen sich 18 Drittklässler seit Ende März 2022 im Sachunterricht Gedanken darüber, was es braucht, um erfolgreich eine eigene Firma zu gründen. "Vorgestellt wurde uns das Junior-Mini-Company-Programm von Mitarbeiterinnen der Wirtschaftskammer NÖ", erzählt Verena Deißenberger, Direktorin der VS Sitzenberg-Reidling. "Die Unterlagen sind sehr übersichtlich aufbereitet und leiten gut durch das Projekt, lassen aber auch genug Spielraum, um individuelle Wege an den einzelnen Schulen zu gehen."

,Die MiniReporter‘ der Volksschule Sitzenberg-Reidling werden ein Sachbuch veröffentlichen, das speziell auf die Wünsche und Interessen von Kindern ausgerichtet ist.
Foto: Peter Rösler

"Die MiniReporter" produzieren ein Buch

"Um eine Firma zu gründen, muss man wissen, welche Firmen es gibt und wie diese aufgebaut sind", so Verena Deißenberger. "Also haben die Kinder zunächst ihre Eltern interviewt und nachgefragt, was sie konkret arbeiten. Im Anschluss haben wir überlegt, welches Produkt wir anbieten könnten. Die Kinder haben sich für ein Sachbuch über unsere Gemeinde entschieden, das Themen, die Kinder interessieren könnten, aufgreift – und sind dafür in die Marktforschung eingetaucht: Sie haben andere Kinder befragt, was sie gerne lesen würden. So ist auch der Firmenname entstanden: ,Die MiniReporter‘."

Erfolgreich werben und verkaufen

In den Abteilungen "Kreativ", "PR" und "Cash" arbeiten die Schüler:innen an der Umsetzung ihres "Kindergemeindebuchs" und erhalten ganz nebenbei essenzielle Einsichten in die Wirtschaft. Dass sie bei ihrem Mini-Start-up Unterstützung von einem Buchhändler und Verleger erhalten, ist ein Glücksfall. "Ein wesentlicher unternehmerischer Punkt wird der Verkaufserfolg sein", so die Volksschuldirektorin. "Das Buch wird im Rahmen der jährlichen Weihnachtsbuchausstellung und auch beim Elternsprechtag angeboten werden. Die Kinder haben sich jedenfalls schon viele Gedanken gemacht, wo und wie sie am besten für ihr Produkt werben können."

Mitmachen kann jede:r – unabhängig von den Noten

Ebenfalls in der 3. Klasse der Technischen Naturwissenschaftlichen Mittelschule 3 – Stelzhamerschule Linz (TNMS3 Linz) – befinden sich die Schüler:innen von Sandra Herbst. In einem eigenen Schulfach, dem Wirtschaftsfach "Kaufmännische Grundlagen", gründen die Jugendlichen ihre "Junior Basic Company". "Mitmachen kann jede Schülerin und jeder Schüler – auch wenn die schulischen Erfolge nicht so toll sind", erzählt Sandra Herbst. "In Unterrichtsblöcken erarbeiten die Schüler:innen zunächst den Firmennamen, die Einteilung der Berufe und Kompetenzen, das Logo und die Datenbank. Teilweise werden meine Kolleg:innen dafür miteinbezogen: Die Datenbank kann in Informatik entstehen, das Logo in Bildnerischer Erziehung."

Eines der diesjährigen Firmenprodukte der Stelzhamerschule Linz: Handgemachte Bleistifte mit Schulbezeichnung.
Foto: Sandra Herbst

Fähigkeiten erkennen und einsetzen

Die bisherigen Geschäftsideen der Junior-Basic-Companys an der TNMS3 Linz reichen von Schülerzeitungen über Abschminkpads aus Stoff, Geldtaschen aus Milchkartons, Kerzen und einem Jausenverkauf bis zu Brutkästen für Vögel. "Es ist ein unglaublich spannendes und vielseitiges Projekt", zeigt sich die Lehrerin begeistert. "Teamfähigkeit, Sprachregeln, Selbsteinschätzung, Durchhaltevermögen, das Einschätzen von Situationen und den eigenen Fähigkeiten, Disziplin und vieles mehr werden ständig gefördert. Manche Schüler:innen erkennen, dass sie für bestimmte Positionen zum Beispiel weniger geeignet sind. Wieder andere – teilweise sehr ruhige Schüler:innen – entpuppen sich als sensationelle Geschäftführer:innen, die die Start-ups zu großem Erfolg führen", freut sich Sandra Herbst.

Interesse für Wirtschaftsthemen entdeckt

"Die Teilnahme am Junior-Basic-Company-Programm prägt die Jugendlichen nachhaltig", so die Lehrerin. "Ich hatte schon einige Schüler:innen, die – obwohl wir einen technischen Schwerpunkt an unserer Schule haben – ihr Interesse für die Wirtschaft erkannt und erfolgreich eine HAK oder HAS absolviert haben. Das Schöne ist, dass sowohl die positiven als auch die negativen Erfahrungen in den Übungsfirmen zu einem enormen wirtschaftlichen Know-how führen. Auch die Möglichkeit des Abschlusswettbewerbs ist eine tolle Erfahrung für die jungen Gründer:innen. Bühnenpräsenz zeigen und vor Expert:innen ihr Produkt vorstellen – das kommt immer sehr gut an."