In der Frauenbundesliga sind die klingenden Namen St. Pölten (im Bild Nicole Sauer) und Sturm Graz (Annabel Schasching). Eine Karriere bei Salzburg oder Rapid ist noch immer nicht möglich.

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Rapid beruft sich auf fehlende Trainingsbedingungen. Dieses Argument fällt bald weg.

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Red Bull Salzburgs Akademie in Liefering betreut wohl noch länger nur männliche Nachwuchskicker.

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Es war kein Paukenschlag, aber immerhin ein Statement. Gerhard Milletich hat in seiner Rolle als ÖFB-Präsident den Wunsch geäußert, Rapid und Salzburg mögen zukünftig Frauenteams stellen. Es ist ein Thema, zu dem sich keiner seiner Vorgänger im Fußballverband explizit geäußert hat. Fakt ist, in St. Pölten steht Österreichs einzige Fußballakademie für Frauen. Um die Liga konkurrenzfähiger zu machen, müsse sich aber auch in den anderen Bundesländern noch was tun. Der SK Sturm hat eine eigene Akademie, betreibt diese aber selbst und nicht mit einem ÖFB-Zertifikat. Nicht nur Österreichs Teamchefin Irene Fuhrmann sieht vor allem Serienmeister Salzburg und den größten Verein des Landes, Rapid, beim Thema Frauenfußball noch nicht dort, wo sie sein könnten. "Salzburg und Rapid brauchen Akademien. Das wäre ein Riesenschritt", sagt Fuhrmann.

Aber warum haben die zwei populärsten Vereine des Landes noch immer keine Frauenmannschaft, geschweige denn eine eigene Akademie, während europäische Spitzenklubs wie Bayern München oder Paris Saint-Germain längst Frauenteams stellen?

Vorraussetzung erfüllt

Für Petra Gregorits ist die Lage im Fall von Rapid klar. "Wenn der Verein das will, ist das auch machbar. Bei Rapid kommt man an diesem Thema nicht mehr vorbei." Gregorits saß zwischen 2015 und 2019 als erste Frau im Präsidium von Rapid. Unter dem damaligen Präsidenten Michael Krammer gab es eine breite Diskussion, "auf deren Basis man gut weitertun kann", sagt die 56-jährige Unternehmensberaterin.

Die Klubführung verwies in der Vergangenheit stets auf das neue Trainingszentrum als nötige Voraussetzung für ein Frauenteam. Das Areal neben dem Happelstadion im Prater nähert sich seiner Fertigstellung, und so sagte Wiens Sportstadtrat Peter Hacker bereits im Vorjahr: "Von Rapid wurde mir nun versprochen, sobald als möglich ein Frauenteam zu gründen."

Ausflüchte

Christoph Peschek steht dem Thema "sehr aufgeschlossen gegenüber, allerdings gerade in einer Krise ist es wichtig, einen Schritt nach dem anderen zu setzen", sagte der Geschäftsführer Wirtschaft bei Rapid bereits im Sommer des Vorjahres. Eine Aussage, weder Fisch noch Fleisch.

"Das ist nicht nur ein feministisches, sondern auch ein gesellschaftspolitisches Thema", sagt Gregorits. Der Fußball muss dabei eine Rolle spielen, kann Türen öffnen, Gender-Diversity wird in Zukunft auch ökonomisch eine größere Rolle spielen in Unternehmen. Warum soll Frauenfußball nicht auch finanziell attraktiver werden?"

Europaweit engagieren sich im Vergleich zu Österreich immer mehr Topklubs im Frauenfußball. Von den Bundesligisten der Männer sind lediglich Meister St. Pölten, Austria, Sturm Graz und Altach in der Bundesliga vertreten. Mit Aufsteiger Vienna ist ein weiterer Traditionsverein hinzugestoßen.

Was Mateschitz will

Red Bull Salzburg wehrte das Thema in der Vergangenheit immer wieder mit dem Argument ab, dass der Fokus auf der Entwicklung von Talenten im Männerfußball liege und dazu sei ein hoher personeller Aufwand nötig. "Das ist natürlich ein Unsinn", sagt Sporthistoriker Matthias Marschik. "Wenn Didi Mateschitz sagt, wir schaffen das nicht, dann heißt das, er will das nicht."

Ein Frauenfußballprojekt könnte der Salzburger Mäzen "mit der linken Hand realisieren, aber sein Fokus liegt auf Werbung und Marketing bei den Männern. Was nützt ihm ein dritter Platz in der Frauenliga? Mateschitz entscheidet einzig nach ökonomischen Kriterien." Ein Standort für Frauenfußball fehlt in Westösterreich. Mit dem FC Bergheim spielt ein Team aus Salzburg in der Bundesliga, die abgelaufene Saison beendete man an der vorletzten Stelle. Obmann Gerhard Hofer spricht von einer "Zwei-Klassen-Gesellschaft" in der Zehner-Liga, ÖFB-Teamspielerin Laura Feiersinger fordert eine Akademie im Westen, "damit die Kluft zum Osten nicht mehr so groß ist".

Kalkül der Vereine

Clara Gallistl ist Obfrau des Rapid-Fanklubs Vorwärts Rapid und damit eine von sechs Frauen im ganzen Verein, die einem Fanklub vorsteht. Und Gallistl findet es "zach, dass Rapid noch immer keine Frauenmannschaft hat". Auf der Mitglieder-Hauptversammlung am 27. Juni soll über einen Antrag von Gallistls Fanklub auf ein Frauenteam abgestimmt werden, Reaktionen auf ein in Fankreisen kursierendes Strategiepapier waren durchwegs positiv. "Es geht nicht darum, irgendein schwindliges Frauenteam aufzustellen, das nicht konkurrenzfähig ist, sondern um ein starkes Konzept, dazu gehört auch Recruiting und Marketing."

Vom Präsidium erwartet sich die 34-Jährige mehr, insbesondere von der Ex-Formel-1-Managerin Monisha Kaltenborn. "Sie ist kaum sichtbar, könnte aber ein Frauenkonzept in Windeseile erstellen." Im Fall von Red Bull Salzburg sei der Status quo nicht überraschend, sagt Gallistl, weil "Salzburg ein Unternehmen ist und kein Verein. Bei Rapid können Mitglieder partizipieren, das macht den Verein speziell."

Wie es gehen kann

Historiker Marschik sieht in Zeiten von Gleichberechtigung auch Kalkül bei den Vereinen. "Um Kritik zu vermeiden, muss man das machen." Der Fußball gehe generell von gesellschaftspolitischen Ideen weg und hin Richtung Unternehmensstrukturen. "Die Uefa handelt nicht aus Überzeugung, sondern aus Notwendigkeit. Wenn man mit Frauenfußball Geld verdienen kann, wäre das ein gewünschter Nebeneffekt", sagt Marschik.

Die Austria oder Altach sind den Weg in die Bundesliga mit Spielgemeinschaften mit anderen Vereinen gegangen. Der Anfang mit einem eigenen Team wäre für Rapid mit einer Sondergenehmigung des Wiener Verbandes in der dritten Liga möglich, so hat das auch der LASK in Oberösterreich gemacht. Marschik: "Wenn Simmering das schafft, dann wird das Rapid wohl auch noch zusammenbringen." (Florian Vetter, 25.6.2022)