Für Österreichs nordische Kombiniererin Lisa Hirner ist der olympische Traum geplatzt.

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Lausanne – Die Nordische Kombination hat am Freitag einen herben Rückschlag erlitten. Die in den vergangenen Jahren auf FIS-Niveau in Schwung gekommene Frauen-Sparte der Verbindung aus Skispringen und Langlauf ist bei der Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Lausanne für 2026 durchgefallen, wird bei den Spielen in knapp vier Jahren in Mailand und Cortina also nicht dabei sein. Zudem wurde offen kommuniziert, dass es in weiterer Folge auch für die Männer eng wird.

Wie das IOC-Exekutivkomitee mitteilte, hänge die Aufnahme der Kombination für die Winterspiele 2030 von einer maßgeblichen Weiterentwicklung bei der Vielfalt der Teilnehmer und beim Zuschauer-Interesse ab. Bei den Frauen gebe es derzeit nur Athletinnen aus zehn Nationen. "Außerhalb Europas betreibt niemand diese Sportart", wurde ÖOC-Präsident und IOC-Mitglied Karl Stoss von der deutschen Nachrichtenagentur dpa zitiert. Den ersten Frauen-Weltcup vor eineinhalb Jahren in Ramsau hatte freilich die spätere WM-Fünfte Tara Geraghty-Moats aus den USA gewonnen.

Was zu hinterfragen ist

"Es ist extrem bitter", kommentierte ÖSV-Frauen-Chefcoach Bernhard Aicher die Entscheidung im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur. Bis April seien die Rückmeldungen bezüglich Olympia überragend gewesen, sodass man an ein Durchwinken gedacht hatte. "Im letzten Monat hat es sich aber zugespitzt." Dabei habe sich die Sportart in den wenigen Jahren des Bestehens gut entwickelt, auf WM-Ebene soll die Entwicklung stetig nach oben gehen. "Jetzt kann es nur heißen, die Enttäuschung sacken lassen, verdauen, und neue Ziele suchen und hoffen, dass sich die Sportart weiterentwickelt."

Genau das fordert eben das IOC. Offenbar war selbst die Männer-Kombination für 2026 in Frage. Man habe sie laut IOC aber im Programm belassen, weil die Athleten schon seit Jahren auf diese Spiele hinarbeiten würden. Mario Stecher, Sportlicher Leiter im ÖSV, nimmt wegen dieser Entwicklung auch den Internationalen Skiverband (FIS) in die Pflicht. "Es hat interessanterweise von der FIS geheißen, die Damen-Kombination hat Priorität Nummer eins (für eine Olympia-Aufnahme, Anm.). Das muss man schon hinterfragen", meinte er zur APA.

Denn andere Bewerbe aus dem FIS-Bereich seien sehr wohl für die nächsten Winterspiele aufgenommen worden. Konkret sind das Frauen-Skispringen von der Großschanze – worüber sich Sara Marita Kramer und Co. wohl sehr freuen – und die Doppel-Buckelpiste im Freestyle für Männer und Frauen. "Wir haben einfach nicht die Lobby innerhalb der FIS", legte Stecher nach. "Wir haben nicht die Leute, die sich für diese Sportart richtig gut eingesetzt haben." Dabei rede man immer von Geschlechter-Gleichheit. "Das verstehe ich beim besten Willen nicht."

Bittsteller

Stecher empfindet die Entscheidung laut eigenen Angaben als sehr enttäuschend, da vom FIS-Maßnahmenkatalog alle Sachen erfüllt worden seien. Nun gehe es in den nächsten dreieinhalb Jahren bis zur Entscheidung für 2030 darum, dass man es schaffe, dass die Frauen dazugehören. "Es (Winter-Olympia) nimmt aber mehr und mehr Anlehnung an die X-Games – wenn man die Medaillenentscheidungen im Skibereich drinnen sieht. Die Nordische Kombination ist aber eben so, wie sie ist." Man könne nicht gleichzeitig Skispringen und Langlaufen, um es spektakulärer zu machen.

Punkto Zuschauer-Zuspruch betonte Stecher, dass man Äpfel mit Birnen vergleiche. Es sei klar, dass bei drei Olympia-Entscheidungen in der Kombination weniger Leute zusehen als bei anderen Sportarten mit zwölf Entscheidungen. Grundsätzlich sieht der 44-Jährige die Lage jedenfalls nicht rosig: "Wir sind da nur Bittsteller gewesen. Es ist eher eine nicht sehr positive Entwicklung. Man muss schauen, wie es sich in den nächsten Jahren und Monaten entwickelt."

Harsch reagierte auch FIS-Renndirektor Lasse Ottesen (NOR) auf den IOC-Beschluss gegen die Kombination. "Es ist ein trauriger Tag für die Nordische Kombination und die gesamte nordische Familie. Wir haben kein Verständnis dafür. Die Entwicklung der Frauen-Kombination war imposant, der Olympia-Status wäre der nächste logische Schritt gewesen. Der Mangel an Vertrauen des Exekutivkomitees in die weitere Entwicklung ist schockierend. Aber wir geben nicht auf." Die FIS werde mit den nationalen Verbänden ein Konzept entwickeln, mit dem das IOC überzeugt werden soll.

Was bleibt

Die Kombination bleibt für 2026 die einzige Disziplin, in der Frauen zwar Weltcups und WM-Bewerbe bestreiten, aber nicht bei Olympia antreten dürfen. Nach der WM-Premiere 2021 in Oberstdorf wird 2023 in Planica erstmals auch ein Mixed-Teambewerb mit Männern und Frauen ausgetragen. Im Weltcup hat es für die Österreicherinnen um Lisa Hirner schon Podestplätze gegeben, die Steirerin wurde zuletzt im Gesamt-Weltcup als beste ÖSV-Athletin Siebente.

Vom IOC für 2026 neu aufgenommen wurden auch eine Frauen-Doppelsitzer-Entscheidung im Rodeln, zudem wurde Skibergsteigen als neue Olympia-Sportart mit drei Bewerben bestätigt. Hinzu kommt in Mailand und Cortina ein Skeleton-Mixed. Nicht zum Zug gekommen sind auch Mixed-Bewerbe im Ski Cross und bei den Parallel-Snowboardern. Die alpine Kombination ist unter Beobachtung, die FIS will bis April 2023 einen Format-Vorschlag einbringen. Nach IOC-Angaben werden 47 Prozent der Olympia-Teilnehmer 2026 weiblich sein – ein Rekord. (APA, red, 25.6.2022)