Washington – Nach der umstrittenen Entscheidung des Supreme Courts für ein Ende des liberalen Abtreibungsrechts in den USA ist es in der Hauptstadt Washington am Samstag erneut zu Demonstrationen gekommen. Mehrere Hundert Menschen versammelten sich vor dem obersten US-Gericht, um gegen die Entscheidung zu protestieren.

Die Demonstranten trugen Plakate mit Aufschriften wie "Nicht eure Gebärmutter, nicht eure Entscheidung" oder "Ihr Körper, ihre Wahl – nicht eure". Eine der Demonstrantinnen sagte: "Meiner Meinung nach hat der Oberste Gerichtshof gerade einen schweren Angriff auf die Grundrechte der Frauen begangen."

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Vor dem Obersten Gericht in Washington versammelten sich auch am Samstag Menschen um zu protestieren.
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Es versammelten sich auch einige wenige Abtreibungsgegner vor dem Gericht, um die Entscheidung zu feiern. Eine von ihnen sagte: "Ich bin hier, weil der Oberste Gerichtshof endlich eine Entscheidung korrigiert hat, die mindestens 49 Jahre lang die Menschlichkeit und die gleichen Rechte einer ganzen Gruppe von Menschen verleugnet hat."

Das oberste US-Gericht hatte am Freitag das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Der Supreme Court machte damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze in den Bundesstaaten frei – bis hin zu kompletten Verboten. Nach der umstrittenen Entscheidung setzten mehrere US-Staaten schon weitgehende Abtreibungsverbote in Kraft. Andere dürften folgen. Einige Staaten haben dazu bereits Gesetze vorbereitet.

Frauen gehen in den USA seit Freitag auf die Straße und demonstrieren für ihre Rechte.
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Bereits am Freitag hatten in mehreren Großstädten der USA Tausende Menschen spontan gegen die Entscheidung protestiert, darunter in Washington, New York, Los Angeles, San Francisco, Chicago, Austin, Denver und Philadelphia. Bei Protesten in Phoenix im Bundesstaat Arizona setzte die Polizei am Freitagabend (Ortszeit) Tränengas ein, um Demonstranten vom dortigen Parlamentsgebäude zurückzudrängen, wie der Fernsehsender CNN berichtete.

Unternehmen wollen Reisekosten bei Abtreibung erstatten

Angesichts von weitgehenden Abtreibungsverboten in einer wachsenden Zahl von US-Bundesstaaten bieten mehrere große amerikanische Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an, im Fall eines Schwangerschaftsabbruches mögliche Reisekosten für einen Besuch in einem anderen Bundesstaat zu übernehmen.

Eine Reihe von Konzernen wie etwa die Café-Kette Starbucks oder der Online-Handelsriese Amazon hatten solche Regelungen angesichts der drohenden Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofes bereits zuvor in Aussicht gestellt. Nachdem der Supreme Court das liberale Abtreibungsrecht im Land am Freitag tatsächlich kippte, kündigten diverse weitere Firmen entsprechende Schritte an. Dazu gehören unter anderem der Unterhaltungsriese Walt Disney und der Facebook-Konzern Meta, wie etwa die "New York Times" und der Fernsehsender NBC berichteten.

Der Outdoor-Spezialist Patagonia sagte am Freitag in einem Beitrag auf dem Online-Portal Linkedin nicht nur Unterstützung bei Reisekosten in andere US-Staaten zu. Das Unternehmen versprach auch, mögliche Kautionskosten zu tragen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die friedlich für "reproduktive Gerechtigkeit" demonstrierten und festgenommen würden.

Das oberste US-Gericht hatte am Freitag das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Der Supreme Court machte damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei – bis hin zu kompletten Verboten. Nach der umstrittenen Entscheidung setzten mehrere US-Bundesstaaten schon weitgehende Abtreibungsverbote in Kraft. Andere dürften folgen. Einige Staaten haben dazu bereits Gesetze vorbereitet. In mehreren US-Städten kam es bereits am Freitag zu spontanen Protesten gegen die Gerichtsentscheidung. Weitere Demonstrationen wurden erwartet. (APA, 25.6.2022)