Wenn an Mittelmeerstränden die rote Fahne gehisst wird, kann man nur hoffen, dass in der Strandbar oder am Hotelpool noch Plätze frei sind. In der Regel bedeutet das Signal, dass man sich vorerst vom Meer fernhalten sollte. Je nachdem, ob ein nahendes Unwetter, hohe Wellen oder gefährliche Strömungen der Grund dafür sind, kann sich das Badeverbot eine ganze Weile hinziehen. Manchmal wird es auch ausgesprochen, wenn sich zu viele oder gefährliche Quallen im Wasser befinden – und diese Warnung sollte man durchaus ernst nehmen.

Zuletzt waren an der Oberen Adria vor allem Lungenquallen (Rhizostoma pulmo) häufiger in Strandnähe gesichtet oder angeschwemmt worden. Ein Grund, das Wasser zu meiden, sind diese Medusen eigentlich nicht, sofern sie nicht in Massen auftreten. Auch wenn diese Tiere für Mittelmeerverhältnisse beeindruckende Ausmaße erreichen (die Schirme einiger Exemplare durchmessen 60 Zentimeter bis eineinhalb Meter), führt die Berührung mit ihren Nesselzellen am charakteristisch violetten Schirmrand zumindest bei Nichtallergikern zu vergleichsweise nur geringen Reizungen.

Die Lungenqualle (Rhizostoma pulmo) ist zur Zeit an der oberen Adria ein häufiger Anblick. Fürchten muss man sich vor der oft sehr großen Qualle aber nicht.
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Unerfreulich bis gefährlich

Deutlich ungemütlicher kann da eine Begegnung mit der Kompassqualle (Chrysaora hysoscella) ablaufen. Wie die Lungenqualle kommt sie an den europäischen Atlantikküsten, in der Nord- und Ostsee und im Mittelmeer vor, bisweilen sogar in unangenehm großer Zahl. Man erkennt sie an den rot-braunen Streifen, die sich vom Zentrum des Schirmes bis zu seinem Rand erstrecken und einer Kompassrose gleichen, was dieser Medusenart ihren Namen eingetragen hat. Das Gift ihrer Nesselzellen ist zwar nicht lebensgefährlich, kann aber durchaus Hautreizungen und Kreislaufbeschwerden verursachen.

Die Kompassqualle (Chrysaora hysoscella) ist an ihrem charakteristischen Muster leicht zu erkennen. Da ihre Nesselzellen die menschliche Haut durchdringen können, sollte man ihr besser aus dem Weg schwimmen.
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Bekannter noch als die nahe verwandte Kompassqualle ist die Feuerqualle oder Leuchtqualle (Pelagia noctiluca). Massenauftreten dieser rötlichen bis fliederfarbenen Spezies haben schon so manchen Kroatien-Urlaub überschattet. Auf ihr Konto gehen wohl die meisten unerfreulichen Erfahrungen mit Quallen an den Stränden des Mittelmeers. Tatsächlich ist es eine gute Idee, Distanz zur 15 bis 20 Zentimeter großen Feuerqualle zu wahren: Ihre Nesselzellen können die menschliche Haut leicht durchdringen, das Gift löst schmerzhaftes Brennen, bisweilen auch Übelkeit und Kreislaufprobleme aus.

Die Feuerqualle oder Leuchtqualle (Pelagia noctiluca) ist eigentlich eine Hochseequalle, doch immer wieder wird sie, manchmal in großer Zahl, an die Küsten getrieben.
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Wirklich lebensbedrohlich kann es für manche werden, wenn sie einer Portugiesischen Galeere (Physalia physalis) über den Weg schwimmen. Zum Glück kommt das nur äußerst selten vor, denn normalerweise ist diese Spezies gar nicht im Mittelmeer beheimatet. Nicht zuletzt wegen des Temperaturanstiegs der letzten Jahre und der Überfischung der Thunfische tauchen Portugiesische Galeeren aber immer wieder vereinzelt auch an den Stränden der Balearen auf.

Finger weg, wenn Sie dieses Gebilde im Sand finden sollten! Es handelt sich um eine gestrandete Portugiesische Galeere (Physalia physalis), die auch noch Tage nach ihrem Tod ihre giftigen Nesselzellen abschießen und für schwere Verbrennungen sorgen kann.
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Künftig mehr Quallen

Das ungewöhnliche Wesen besteht aus einer schwimmenden Gasblase mit violettem Kamm und meterlangen bläulichen, weißen bis violetten Tentakeln, die im Wasser leicht übersehen werden können. Dort sitzen auf jedem Quadratzentimeter bis zu 1000 Nesselzellen, deren Gift starke Schmerzen und rote Quaddeln verursachen kann. Lebensgefährlich ist die Begegnung mit einer Portugiesischen Galeere vor allem für geschwächte Personen oder Allergikerinnen und Allergiker.

In dieselbe Kategorie fällt die Würfelqualle (Carybdea marsupialis). Auch sie ist vergleichsweise selten und wird durch ihren kleinen durchsichtigen Schirm und ihre vier dünnen, bis zu einen Meter langen Tentakeln beim Schwimmen häufig gar nicht wahrgenommen. Bei einem Kontakt kommt es zu intensiven brennenden Schmerzen und Hautrötungen, die mehrere Tage anhalten können.

Würfelquallen sind winzig und leicht zu übersehen.
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Während Würfelquallen und Portugiesische Galeeren im Mittelmeer nur in Ausnahmefällen beobachtet werden, geht es mit den Populationen anderer Quallenarten insgesamt nach oben. Schuld daran ist laut Expertenmeinung zumindest teilweise der Mensch: Die gallertigen Wesen mögen es warm, was dazu führt, dass die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel Quallenepidemien wahrscheinlicher machen. (tberg, 27.6.2022)