Die Protestbewegung ist etwas anders untergebracht ...

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... als die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des G7-Gipfels.

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Nähert man sich dem Schlosshotel Elmau, so fällt als erstes die Stille auf. Am Ende einer kleinen Straße in der bayerischen Gemeinde Krün, unweit von Garmisch-Partenkirchen, ist nicht viel los. Sanft fallen die Wiesen vor dem Gebäude ab, im Hintergrund erhebt sich schroff das Wettersteingebirge. Es ist Idylle pur, wo die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten nun drei Tage lang wohnen, auf Einladung des deutschen Kanzlers Olaf Scholz, auf Kosten der deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Im Moment kommt man in diese Hochsicherheitszone nur durchleuchtet und durchgecheckt, mit Polizeieskorte. 16 Kilometer lang ist jener Zaun aus Nato-Draht, der dieses schönes Fleckchen Bayern absichert, das korrekt Luxury Spa Retreat & Cultural Hideaway, Schloss Elmau heißt. Angela Merkel war als Kanzlerin mal hier, es hat ihr so gut gefallen, dass sie schon zum G7-Gipfel 2015 dorthin lud.

Aus Sicht der Gastgeber ist das Ressort ideal: Man kann die einzige Zufahrts-Straße gut absperren, im Inneren des Hauses befinden sich acht gleich große Suiten, sodass keiner der Staats- und Regierungschefs sich benachteiligt fühlen müsste, weil ein anderer ein paar Quadratmeter mehr hat. Eigentlich hätte auch noch der russische Präsident Wladimir Putin Platz gehabt, aber der ist ja im von G8 auf G7 reduzierten Format nicht mehr dabei.

Loisach statt Pool

Auch 20 Kilometer weiter weg, auf einer Wiese in Garmisch-Partenkirchen gibt es eine Absperrung: Dort, um das Protestcamp der Gipfelgegnerinnen und -gegner, flattert ein rot-weißes Absperrband. Und während die Gäste im Schlosshotel zwischen sechs Spas und neun Pools wählen können, nimmt man im heißen Camp auf der Wiese gern mal ein Bad in der kalten Loisach, die direkt am Zeltdorf vorbeifließt.

"Unser Camp steht für eine bessere Welt", sagt Christopher, einer der Organisatoren, "wir teilen die Arbeit auf, alle machen alles." Schließlich muss auch dieses Quartier in Ordnung gehalten werden, anders als im Schloss gibt es im Camp keine unsichtbaren, dienstbaren Geister. Aber es wird professionell gekocht, das machen die Bewohnerinnen und Bewohner nicht selbst. Wer Lust hat, darf natürlich beim Gemüse schnippeln helfen. Die Organisation obliegt jedoch der "Volxküche München". Für ihre vegetarischen Speisen ersucht sie um einen Mindestbeitrag von fünf Euro und sie mahnt die Demonstrantinnen und Demonstranten, sich ordentlich zu stärken. Denn: "Ohne Mampf kein Kampf!"

"Brutale Ungerechtigkeit der Welt"

Auch das Restaurant "Luce d'Oro" im Schloss wirbt mit einem Hinweis für sich – "Bestes Restaurant Bayerns" Gault& Millau Gourmetführer 2022" – und verspricht: "Die Kunst der Verfeinerung des Elementaren". Mit fünf Euro, wie in der "Volxküche" kommt man dort nicht weit. 229 Euro sind für sieben Gänge fällig. Grauenhaft findet man das natürlich im Camp. "Oben im Schloss ist die brutale Ungerechtigkeit der Welt zementiert", sagt eine Frau, "es ist ein Sinnbild für den Zustand der Gesellschaft. Einige leben auf Kosten vieler anderer, die ausgebeutet werden."

Die einen, unten an der Loisach, in ihren bunten Zelten, die der Sonne erbarmungslos ausgesetzt sind, kommen an die oben, im klimatisierten Retreat nicht heran. Oben wehen die Flaggen der G7-Staaten, unten sieht man ein "A" mit einem Kreis darum, das Zeichen für Anarchie. Buhan (18), der ebenfalls bei der Organisation hilft, würde dennoch niemals tauschen, er fühlt sich im Camp gerade richtig.

"Ein Kampf David gegen Goliath"

Das G7-Format lehnt er als undemokratisch, den Gipfel als "Scheinveranstaltung" ebenfalls. "Da reden sieben Führer der westlichen Welt, die vom Klimawandel am wenigsten betroffen sind", kritisiert er. Besser fände er es, "die Staaten der Südhalbkugel" einzubeziehen. "Es ist immer ein Kampf David gegen Goliath", meint der Jura-Student und sagt auch: "Vielleicht bin ich naiv, aber ich renne lieber mit dem Kopf gegen die Wand als meinen Kindern eines Tages zu erklären, dass ich nicht für sie und für eine bessere Welt gekämpft habe."

So unterschiedlich das Schlosshotel und das Protestcamp auch sind, sie haben eines gemeinsam: die Polizei vor der Haustüre. Die Gipfel-Gäste werden ohnehin rund um die Uhr bewacht. Doch auch vor der Wiese am Fluss steht immer die Polizei. Allerdings hat die eher ein Auge auf die Campbewohner und nicht auf möglicherweise ungebetene Gäste, wie oben beim Schloss. (Birgit Baumann aus Garmisch-Partenkirchen, 26.6.2022)