Serena Williams ist sentimentale Favoritin. 2021 musste sie nach sechs Games in Runde eins aufgeben.

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Es ist so weit. Am Montag beginnt Wimbledon, der Tennisklassiker schlechthin. Auch die 135. Auflage wirft Fragen und Antworten auf. Wobei die Wahrheit zwei Wochen lang auf dem Rasen liegt. Österreich ist im Einzel durch einen Nebendarsteller vertreten, er heißt Dennis Novak. Der Fokus ist auf Serena Williams gerichtet.

Frage: Was steht an?

Antwort: Das älteste Tennisturnier der Welt, es wurde 1877 gegründet. Kurz: The Championships. Noch kürzer: Wimbledon. Vom 27. Juni bis 10. Juli geht es im All England Club an der Londoner Church Road im Stadtteil SW19 um die vielleicht prestigeträchtigsten Pokale im globalen Sport: den Gentlemen’s Cup und die Venus Rosewater Dish.

Frage: Wer fehlt?

Antwort: Alle Spielerinnen und Spieler aus Russland und Belarus wurden wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine ausgeschlossen, darunter der Weltranglistenerste Daniil Medwedew. Auch die Nummer zwei bei den Männern verpasst den Rasenklassiker, der deutsche Alexander Zverev fällt nach seinem Bänderriss aus. Die australische Titelverteidigerin Ashley Barty hat ihre Karriere relativ spontan beendet, sie ist quasi der Martin Hinteregger des Tennis, aber wirklich nur quasi.

Frage: Es werden heuer keine Weltranglistenpunkte vergeben. Ändert das etwas am Stellenwert?

Antwort: Nein. Wimbledon bleibt Wimbledon bleibt Wimbledon. Dass die Vereinigungen ATP und WTA dem Grand-Slam-Turnier die Punkte nach der Entscheidung gegen Russland und Belarus gestrichen haben, ist dem Veranstalter völlig wurscht. Es hat in der 135-jährigen Geschichte nie jemand gesagt, er sei der Punkte wegen hier. Die Deutsche Angelique Kerber drückte es in einem Interview mit der FAZ so aus: "Wimbledon ist für mich Wimbledon, ob mit oder ohne Punkte. Ich möchte dort das Flair spüren, die Emotionen auf dem Platz, die Energie, die Anspannung, den Wettkampf. Jeder, der irgendwelche Zweifel hat, hat die Bedeutung des Turniers und den Sport an sich nicht so richtig verstanden."

Frage: Wer sind die Favoriten?

Antwort: Titelverteidiger Novak Djokovic peilt seinen siebenten Sieg an, es gibt stichhaltige Argumente, die für den Serben sprechen. Rafael Nadal hat mehrfach bewiesen, dass er trotz chronischer Fußschmerzen zu Wunderdingen fähig ist, wobei des Spaniers 23. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier schon eine kleine Überraschung wäre. Extrem stark auf Rasen ist Matteo Berrettini aus Italien. Der Pole Hubert Hurkacz ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Die Herzen werden wohl Nadal und Andy Murray zufliegen.

Frage: Und die Favoritinnen?

Antwort: Bartys Nachfolgerin in Sachen Spielwitz, Dominanz und mentale Stärke ist längst gefunden: Iga Swiatek (21) hat seit 35 Spielen nicht verloren, die Polin verzichtete auf ein Vorbereitungsturnier. Sentimentale Favoritin ist logischerweise Serena Williams. Die 40-jährige US-Amerikanerin war genau ein Jahr lang verletzt (Oberschenkel), sie gibt ein Comeback. Als Nummer 1204 der Rangliste. Siebenmal hat sie hier triumphiert, zuletzt 2016. Sie ist seit 27 Jahren (!) im Profigeschäft tätig, Swiatek wurde sechs Jahre nach dem Einstieg geboren. Williams, sie hält bei 23 Major-Titeln, sagt: "Ich nehme buchstäblich einen Tag nach dem anderen." Frei übersetzt: Sie nimmt eine Gegnerin nach der anderen, zunächst die Französin Harmony Tan.

Frage: Österreichs Beitrag?

Antwort: Nimmt sich bescheiden aus. Nur der 28-jährige Dennis Novak überstand die Qualifikation, er trifft auf den Argentinier Facundo Bagnis, das klingt machbar. Dominic Thiem hat verzichtet, er bereitet sich lieber auf kommende Sandplatzturniere vor. Schwach waren die Frauen, Julia Grabher und Barbara Haas scheiterten bereits in der ersten Runde der Quali.

Frage: Wie hoch ist das Preisgeld?

Antwort: Es werden 40,35 Millionen Pfund ausgeschüttet, umgerechnet 47,06 Millionen Euro. Das ist ein neuer Rekord, der 2023 wohl überboten wird. Siegerin und Sieger kassieren jeweils 2,33 Millionen Euro, so schaut Gleichberechtigung aus.

Frage: Wer sind die Erfolgreichsten?

Antwort: Martina Navratilova hat das Einzel insgesamt neunmal gewonnen, Roger Federer achtmal.

Frage: Wimbledon steht für Tradition. Gibt es trotzdem Neuerungen?

Antwort: Keine Sorge. Die Fans werden weiterhin an der Church Road campieren und Schlange stehen, auf Tickets hoffen. Die Erdbeeren mit Schlagobers bleiben (kein Kaufzwang), die weiße Spielkleidung ist obligatorisch, die Grashalme sind nach wie vor exakt acht Millimeter lang. Aber, jetzt kommt es dick: Auf dem Center Court durfte im Vorfeld trainiert werden. Noch hemmungsloser: Erstmals ist der "middle sunday" (3. Juli) nicht als Ruhetag vorgesehen, das entzerrt den Spielplan, beugt Regen vor.

Frage: Ist der Klassiker in Österreich im Free-TV zu sehen?

Antwort: Nein. Sky hat die Rechte. (Christian Hackl, 26.6.2022)