Rettungs- und Löscharbeiten in einem von Raketen getroffenen Mehrparteienhaus in der ukrainischen Hauptstadt.

Foto: Sergei Supinsky / AFP

Kiew – Während der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz die politische G7-Elite ins bayerische Alpenidyll zum Gipfel lud (siehe oben), gingen in der Ukraine die Kämpfe unerbittlich weiter. Am Sonntag wurde auch die ukrainische Hauptstadt Kiew wieder von Raketen getroffen.

Insgesamt hätten russische Truppen laut ukrainischen Angaben in den Morgenstunden 14 Raketen auf Kiew und Umgebung abgefeuert. Eine davon schlug auch in das Gelände eines Kindergartens im zentralen Kiewer Bezirk Schewtschenko ein. Kinder waren zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Wochenendes keine am Gelände.

Eine weitere Rakete traf ein neunstöckiges Wohnhaus, schrieb Anton Heraschtschenko, ein Berater des ukrainischen Innenministers, auf Telegram. Dabei wurden laut Polizeiangaben zumindest fünf Menschen verletzt. In dem betroffenen Wohnviertel im Nordwesten Kiews gibt es auch eine Rüstungsfabrik, die in der Vergangenheit bereits beschossen worden war.

Kiews Bürgermeister Witali Klitschko stellte in deutschen Medien in den Raum, der erste russische Angriff auf die Hauptstadt seit drei Wochen habe auch mit dem Start des G7-Gipfels zu tun: "Es sieht danach aus, dass Russland bewusst den Start von G7 auf perfide Weise für einen Raketenschlag nutzen wollte", sagte Klitschko.

Angriffe auf mehrere Ziele

Vom Gipfel selbst verurteilte auch US-Präsident Joe Biden den Angriff: "Das ist noch mehr von ihrer Barbarei", sagte Biden am Sonntag in Elmau.

Auch in der bisher weitgehend verschont gebliebenen zentralukrainischen Stadt Tscherkassy waren am Sonntag Explosionen zu hören. Am Samstag hatte es einen Raketenangriff auf die westukrainische Stadt Sarny gegeben, bei dem Behördenangaben zufolge mindestens drei Menschen getötet wurden.

Auch Ausbildungszentren der ukrainischen Armee waren am Sonntag Ziel russischer Angriffe. Getroffen worden seien Ziele in den Regionen Tschernihiw, Schytomyr und Lwiw, wie russische Nachrichtenagenturen berichteten. In der ostukrainischen Region Luhansk steht nach der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Sjewjerodonezk nun auch die Nachbarstadt Lyssytschansk im russischen Visier. Lyssytschansk ist die letzte größere ukrainische Bastion in der Region.

Schwierige Phase

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte am Wochenende erneut, dass "Sanktionen gegen Russland nicht ausreichen". Sein Land benötige mehr militärische Hilfe, die Ukraine befinde sich in einer moralisch und emotional schwierigen Phase des Krieges. "Wir verstehen, dass wir den Staat immer noch schützen können", meinte das Staatsoberhaupt. Er wisse aber nicht, wie groß die Verluste und Anstrengungen noch sein werden, bis sich ein Sieg am Horizont abzeichne. Jedenfalls will Selenskyj die von Russland eingenommenen Städte zurückerobern. Am Montag soll er per Video aus Kiew beim G7-Treffen zugeschaltet werden. (mhe, 26.6.2022)