"Die Pandemie hat mein Leben völlig auf den Kopf gestellt, und durch die Corona-bedingte Kurzarbeit hatte ich Zeit, um darüber nachzudenken, wo ich mich in Zukunft sehe. Ich habe vor rund zehn Jahren die Ausbildung zur Flugbegleiterin absolviert und bin seitdem in dem Job tätig. Im letzten Jahr habe ich meine Arbeitszeit auf 70 Prozent reduziert, weil ich nebenbei eine neue Ausbildung begonnen habe. Ganz konkrete Pläne habe ich zwar noch nicht, aber ich möchte auf jeden Fall in den nächsten Jahren die Branche wechseln.

Zu meinem Job als Flugbegleiterin bin ich ursprünglich über ein Familienmitglied gekommen, das in der Luftfahrt tätig war. Dadurch hatte ich schon früh einen Bezug dazu und fand die Arbeit über den Wolken immer faszinierend. Nach der Matura habe ich zuerst Chemie studiert, aber schnell festgestellt, dass das nicht zu mir passt. Und dann dachte ich, warum werde ich nicht Flugbegleiterin? Weil in diesem Beruf eigentlich immer wieder neues Personal aufgenommen wird, habe ich mich damals einfach beworben.

So lange im Job wie ich – oder länger – bleiben nicht mehr viele. Das hat sich bereits in den letzten Jahren stark gewandelt. Man hört aber immer öfter Sätze wie: "In ein bis zwei Jahren mache ich dann was anderes." Das liegt vor allem an den Arbeitsbedingungen: Die Einstiegsgehälter sind sehr niedrig, es gibt kaum Aufstiegsmöglichkeiten, und die Pandemie hat viel Unsicherheit gebracht. Obwohl es an sich ein wirklich schöner und abwechslungsreicher Beruf ist, den viele sehr gerne machen. Vor allem auch, weil die Zusammenarbeit unter den Kolleginnen und Kollegen sehr gut funktioniert. Aber es fehlt einfach an Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten.

Seit rund zehn Jahren arbeitet unsere Gesprächspartnerin als Flugbegleiterin (Symbolbild). In Teilzeit liegt ihr Gehalt derzeit bei rund 1.050 Euro netto.
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Schlechte Stimmung

Obwohl die Arbeitsbedingungen innerhalb der Belegschaft immer wieder ein Thema sind, habe ich nicht den Eindruck, dass es von den Unternehmen bislang als großes Problem gesehen wurde. Weil immer wieder junge Leute nachkommen. Auch aktuell wird neues Personal eingestellt und geschult, obwohl gleichzeitig die Verträge von langjährigen Kolleginnen und Kollegen nicht verlängert wurden.

Aktuell ist die Stimmung in der Belegschaft auf dem Tiefpunkt. Viele von uns sind am Limit, was die Auslastung betrifft. Der Sommer ist immer schon Hauptreisesaison, aber derzeit kommen noch weitere Herausforderungen hinzu. Nicht nur wegen Corona fehlt derzeit das Personal, sondern auch die Überlastung führt zu Krankenständen.

Weniger Gehalt

Die Pandemie hat sich außerdem auch auf unser Gehalt stark ausgewirkt. Obwohl die Kurzarbeit seit März vorbei ist, läuft ein Sparpaket bis Ende 2024, das die Beschäftigten mit ihrem Gehalt mittragen. Die Einbußen liegen bei ungefähr zehn Prozent unseres Einkommens. Zwar kann ich einerseits verstehen, dass die Beschäftigten auch von den Sparmaßnahmen betroffen sind, wenn nur so Arbeitsplätze erhalten werden können. Andererseits bedeutet das für viele von uns, noch weniger zu verdienen – bei ohnehin schon niedrigen Gehältern.

Mein Einstiegsgehalt lag vor rund zehn Jahren bei etwa 1.200 Euro netto für Vollzeit. Im Laufe der Jahre sind daraus rund 1.500 Euro netto pro Monat geworden. In der Kurzarbeit hatte ich dann nur mehr 1.300 Euro netto, und seit Herbst verdiene ich in Teilzeit um die 1.050 Euro monatlich. In dem Gehalt ist eine pauschale Zulage für Schichtarbeit, unregelmäßige Dienstzeiten sowie für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen schon enthalten.

Job mit Abwechslung

Einen wirklichen Arbeitsalltag gibt es in meinem Beruf nicht. Ein Langstreckendienst mit Flug in die USA beginnt zum Beispiel um 9 Uhr und dauert zwölf Stunden. Nach der Landung ist man 24 Stunden vor Ort, bevor es wieder zurückgeht. Dann hat man zwei Tage Ruhezeit, und am dritten Tag geht es dann wieder los, mit einem Langstreckenflug in die andere Richtung oder einem kürzeren Früh- oder Nachtdienst.

Die Fixkosten für die Miete meines WG-Zimmers, Strom, Gas, Handy und Internet liegen bei etwa 850 Euro pro Monat. Das entspricht also einem Großteil meines Gehalts. Das kann ich mir aktuell nur leisten, weil ich ein Selbsterhalterstipendium bekomme. Ohne diese finanzielle Unterstützung könnte ich meine Ausgaben nur durch die Teilzeitarbeit nicht finanzieren. Bei dem Stipendium könnte es aber sein, dass ich einen Teil wieder zurückzahlen muss, deshalb gebe ich davon auch nicht alles aus und lege einen Teil zur Seite. Und auch sonst halte ich meine weiteren Ausgaben sehr gering. Was ich mir schon ab und zu mal gönne, ist essen zu gehen oder mir Essen nach Hause zu bestellen.

Urlaube und Flugreisen sind auch bei mir seit Corona seltener geworden. Durch meine Arbeit als Flugbegleiterin bekomme ich zwar Tickets vergünstigt. Gratis fliege ich aber nicht – auch wenn das viele glauben. Die wirklich günstigen Tickets sind auch nicht fix gebucht. Wir haben also nur Anspruch darauf, wenn die Sitzplätze sonst freibleiben würden. Das heißt, man weiß bis kurz vor Abflug nicht, ob man wirklich um diesen Preis in den Urlaub fliegen kann oder nicht doch noch mehr bezahlen muss.

Rückblickend möchte ich die Erfahrungen, die ich im Job gemacht habe, aber keinesfalls missen. Ich habe für mich entschieden, dass ich so lange als Flugbegleiterin arbeiten möchte, wie es geht. Und das mache ich auch." (Anika Dang, 4.7.2022)