Im Gastblog zeigt Alexander Fried, wie Eingriffe in den Fluss der Donau dazu geführt haben, dass sich auch die angrenzenden Flächen stark verändert haben.

Jahrhundertelang floss die Donau unreguliert in zahlreichen Armen durch Auwälder nahe der Stadt Wien und umliegender Vorstädte. Schwerwiegende Hochwasser veranlassten allerdings im 19. Jahrhundert die damalige Verwaltung dazu, eine Regulierung der Donau mit einem begradigten Flussbett umzusetzen.

Bis zur ersten Regulierung floss die Donau durch ein großes Augebiet an Wien vorbei.
Foto: Josephinische Landesaufnahme (1790), Stadt Wien (2021)

Doch über die Frage, wo dieser "Donaudurchstich" erfolgen sollte, herrschte in der Donauregulierungskommission keine Einigkeit. Während wirtschaftliche und städtebauliche Interessen dafür sprachen, den Donaudurchstich möglichst nahe bei der Stadt zu bauen, würde bei einer stadtfernen Realisierung der mittlerweile für die Bevölkerung öffentlich zugängliche Prater erhalten bleiben. Diese Pattstellung lähmte eine Entscheidungsfindung für über 20 Jahre bis zum Jahr 1868. Schlussendlich wurde zwischen 1870 und 1875 die stadtferne Lösung umgesetzt.

Ein neues Flussbett für den Hauptstrom

Neben dem neuen Flussbett diente am linken Donauufer ein 450 Meter langer Streifen ohne Bebauung als Fläche, die bei etwaigen Hochwassern überflutet werden konnte.

Der Blick vom Donauturm Richtung Norden zeigt das Inundationsgebiet bzw. die Donauinsel.
Foto: Franz Meneder (1976), Hermann Hammer (2012)

Auf der zu Wien gewandten Seite wurden die Aulandschaften trockengelegt, die so eine städtebauliche Verwertung ermöglichten. Dies ist auf dem Stadtplan am schachbrettartigen Muster der Straßenzüge in der Leopoldstadt und der Brigittenau erkennbar.

Das Überschwemmungsgebiet und die eingestürzte Reichsbrücke. Auf der Donauplatte entstand ein Hochhausviertel.
Foto: Franz Meneder (1976), Maria Eklind (2019)

Auch anhand der Straßen kann man noch die Entstehung dieses Viertels ablesen, tragen sie doch die Namen damaliger Kommissionsmitglieder, unter anderem Engerthstraße, Pasettistraße, Wehlistraße. Manche sind auch nach Landschaften, Ortschaften oder Flüssen mit Donaubezug benannt, unter anderem Innstraße, Traisengasse, Salzachstraße, Pielachgasse, Wachaustraße, Ennsgasse, Ybbsstraße, Donaueschingenstraße.

Der bis dahin größte Donauarm wurde zu einem stehenden Gewässer, heute unter dem Namen Alte Donau bekannt, an dem in weiterer Folge zahlreiche Strandbäder entstanden.

Der Schutz reicht nicht

Im Laufe Zeit zeigte sich allerdings, dass der Hochwasserschutz nicht ausreichend war.

Das Hochwasser von 1954 vom Leopoldsberg gesehen.
Foto: ÖNB / Wien Bildarchiv (www.onb.digital, 1954), US 12.168/115, Alexander Fried (2007)

Mehrere schwere Überschwemmungen setzten Teile der Leopoldstadt und der Brigittenau unter Wasser – wie etwa das schwere Hochwasser von 1954 mit einer Durchflussmenge von 9.600 Kubikmeter pro Sekunde. Aus diesem Grund beschloss die Wiener Stadtregierung, ein parallel zum Hauptstrom liegendes zweites Flussbett auf dem Gebiet des Überschwemmungsgebiets zu errichten, das im Bedarfsfall geflutet wird.

Auch im Jahr 1985, noch vor der Fertigstellung der Donauinsel, war die Donauländebahn noch Hochwassern ausgesetzt.
Foto: Franz Meneder (1985), Alexander Fried (2015)

Mit dem Aushub wurde die Donauinsel erschaffen. Bei der maximalen Durchflussmenge orientierte man sich am bisher stärksten jemals in Wien dokumentierten Hochwasser von 1501 mit 14.000 Kubikmeter pro Sekunde.

Der Bau der Donauinsel

Die Bauarbeiten begannen schließlich 1972 und dauerten bis 1988 an. Während der Nord- und Südteil naturbelassen gestaltet wurden, befinden sich im Bereich zwischen Nord- und Kaisermühlenbrücke auch Sportmöglichkeiten und Lokale.

Foto: Franz Meneder (1980), Alexander Fried (2019)

Bereits während der Bauarbeiten entdeckten die Wienerinnen und Wiener die Baugruben als Badeplätze, wie Fotos aus den 80er-Jahren bezeugen können. Auch das erste Donauinselfest fand 1984 auf der noch in Bau befindlichen Donauinsel statt.

Noch auf der Baustelle fanden sich die ersten Sonnenhungrigen ein und erfrischten sich im kühlen Nass der Neuen Donau.
Foto: Franz Meneder (1980), Alexander Fried (2019)
In den 90ern war die Uno-City noch das dominierende Gebäude der Donaucity, heute tritt sie kaum noch in Erscheinung.
Foto: Franz Meneder (1990), Alexander Fried (2015)

Heute ist die 21 Kilometer lange Donauinsel den Wienerinnen und Wienern vor allem als Naherholungsgebiet bekannt. Doch wenn die Schleusen geöffnet und die Treppelwege überflutet werden und die rote Fahne auf das Badeverbot hinweist, wird einem der eigentliche Errichtungsgrund wieder bewusst. Seit der Fertigstellung gab es bereits drei Hochwasser, die den Pegelstand des Hochwassers von 1954 erreichten beziehungsweise überschritten. Durch den Hochwasserschutz traten allerdings keine nennenswerten Schäden mehr auf. (Alexander Fried, 29.6.2022)