Lustenauer in der Selbstbeschau: die Performance "Wo bist du".

Foto: Sarah Mistura

Lustenau – Wie hingetupft liegen sie da, mitten in den grünen Rheinauen. 18 weiß gekleidete Menschen, verteilt in der Wiese. Jemand streckt ein Bein hoch, eine andere einen Arm, als wären sie Schwäne. Spaziergänger und Fahrradfahrerinnen bleiben stehen. "Hier gibt es nichts zu sehen", ruft eine Stimme.

Am Rand von Lustenau, am Rand von Vorarlberg, am Rand von Österreich: Hier lässt Brigitte Walk, Theatermacherin und Gründerin des Walktanztheaters, die Performance Wo bis du? beginnen. Es ist ihre sechste Produktion in und mit Lustenau. Sie hat Interviews mit den Bewohnerinnen und Bewohnern geführt. Der Vorarlberger Autor Amos Postner hat daraus einen Text extrahiert.

Jemand sprengt den Rasen

Das Publikum – 50 Personen pro Vorstellung – muss mit dem Fahrrad anreisen. Die Spielorte liegen weit auseinander. Auf der performativen Fahrradtour geht es einmal quer durch die seit Jahren wachsende Gemeinde: vom Randplatz am Grenzfluss zur Baustelle an der Schule, vom Stadion zur Sozialwohnsiedlung. 18 Laien aus Lustenau wirken mit, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Ältere. Eine Schauspielerin und ein Schauspieler lassen als Stellvertreter die Gedanken, Sehnsüchte und Zweifel der Lustenauer erklingen. Das hört sich leider oft gestelzt, abstrakt an.

Im Vorbeifahren wird der Ort zur Kulisse. Meterhohe Thujahecken, Einfamilienhäuser, Wohnblöcke. Ein Kiosk, Baulandreserven, Kinder spielen Fußball im Vorgarten. Jemand sprengt den Rasen. Und hier endet der Ort: "Bis hierhin mäht man den Rasen, jätet Unkraut und trimmt Hecken", hören wir einen Schauspieler sagen.

Stark ist, wie Brigitte Walk und Choreografin Claudia Grava mit Menschen Bilder in die Landschaft malen. Die Laiendarsteller formieren sich zum idyllischen Tanz unter Apfelbäumen, werden zum Taktgeber der Baustelle und des Arbeitsalltags, träumen von einer Utopie auf den Straßen. Auf dieser Radperformance erobern sie ihr Lustenau – die Plätze und Herzen. (27.6.2022)