Parteien haben in Österreich nur drei Möglichkeiten, legal zu Geld zu kommen: offizielle Förderungen des Staates, Mitgliedsbeiträge und Spenden. Doch die Opposition verdächtigt die Volkspartei, ihre Parteikasse noch mit verschiedenen Konstruktionen aufgebessert zu haben.

Da wäre etwa ein Auftrag der ÖVP an die Media Contacta. Das Unternehmen, das zur Hälfte einem ehemaligen ÖVP-Lokalpolitiker gehört, war etwa für den groß inszenierten Wahlkampfauftakt von Sebastian Kurz im Jahr 2017 zuständig. Die Kosten beliefen sich damals auf fast eine Million Euro.

Fast eine Million Euro hat der Wahlkampfauftakt der Volkspartei 2017 gekostet – zahlen konnte das die Partei zumindest nicht sofort.
Foto: Christian Fischer

Allerdings sei die türkise Volkspartei nicht in der Lage gewesen, das nötige Geld sofort aufzubringen, schrieb ein anonymer Hinweisgeber an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Deshalb sollte die zweite Hälfte des ausstehenden Betrags erst einige Monate später beglichen werden. Doch auch hier sei es zu Verzögerungen gekommen. Der zweite Teilbetrag sei dann ebenso halbiert worden wie der dritte. Letztlich habe die ÖVP ihre Rechnung erst Ende 2018 vollständig begleichen können.

Die Ausführungen des Hinweisgebers waren zuletzt großes Thema im laufenden ÖVP-U-Ausschuss. Auch deshalb, weil die Media Contacta im Jahr 2018 von türkis geführten Ministerin mit Aufträgen in der Höhe von 510.000 Euro beauftragt wurde, wie DER STANDARD bereits berichtete. Dieser Umstand erweckte für die SPÖ im Ausschuss nun den Anschein, als sei die Media Contacta einstweilen von Ministerien entschädigt worden, solange die ÖVP ihre Probleme damit hatte, ihre Rechnungen zu begleichen.

ÖVP bestätigt Ratenzahlung

Das weist die ÖVP von sich. Die Aufträge von Ministerien stünden in keinem Zusammenhang mit jenen, die durch die Bundespartei vergeben worden seien. Man bestätigt auf Nachfrage allerdings, dass 2017 die Hälfte der Kosten von insgesamt 990.847,54 Euro und der Rest im Folgejahr beglichen worden seien. Der Betrag sei zur Gänze in der Wahlkampfkostenrechnung an den Rechnungshof gemeldet worden.

Ein zweites Beispiel für vermutete Geldflüsse von Ministerien in die türkise Parteikasse sind Vorwürfe, die das Landwirtschaftsministerium betreffen. Denn laut einer Auswertung des Rechnungshofs für den Untersuchungsausschuss stiegen die Zahlungen des Ressorts an das Verlagskonglomerat des ÖVP-Bauernbunds im Wahljahr 2017 sprunghaft an: Überwies das Ministerium in den drei Jahren zuvor zwischen 50.000 und 150.000 Euro, waren es 2017 plötzlich mehr als 500.000 Euro.

Laut dem mutmaßlichen Whistleblower habe der Bauernbund der ÖVP-Bundespartei im selben Zeitraum 300.000 Euro Schulden erlassen. Der Verdacht, den SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer im Untersuchungsausschuss in den Raum stellte: Die Volkspartei hätte ihre Schulden beim Bauernbund mit Geld aus dem Ministerium beglichen.

Mail vom Pressesprecher

Interessant dabei ist in diesem Zusammenhang eine E-Mail von Daniel Kosak aus dem März 2018: Er war zu diesem Zeitpunkt Sprecher im Kabinett der damaligen Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) – und schrieb an die zuständige Fachabteilung: "Ich habe heute in einem persönlichen Gespräch mit (Chefredakteurin und Geschäftsführerin, Anm.) Christine Demuth einen Gesamtrahmen von rd. 110.000 Euro netto für die Bauernzeitung vereinbart."

In einer Stellungnahme schreibt Kosak, dass das Ministerium seit vielen Jahren "rechtlich völlig korrekt" in der Bauernzeitung inseriere. Kosak, heute Pressesprecher von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), verweist außerdem auf in etwa gleich bleibende Kosten für Schaltungen in der Bauernzeitung von 2016 bis 2021.

Laut dem Ministerium erklärt sich die Diskrepanz zwischen diesen Zahlen und den im Wahljahr tatsächlich gestiegenen Überweisungen aus dem Ministerium durch den Auftrag für ein Magazin, der allerdings europaweit ausgeschrieben worden sei. Am Ende landet das Geld freilich immer beim Verlag – und damit indirekt bei der ÖVP-Teilorganisation. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) hat eine interne Prüfung der Vorgänge angekündigt.

Auch er tritt im Zusammenhang mit Inseraten in Erscheinung: 2018 schrieb ein Mitarbeiter des Finanzministeriums dem damaligen Generalsekretär Thomas Schmid: Totschnig, damals Bauernbund-Direktor, bitte um einen Rückruf, "Stichwort Bauernzeitung". Schmid antwortet, er solle das mit dem Pressesprecher klären. Wenige Minuten später bedankt sich Totschnig bei Schmid: "Hat geklappt!!" Die Zahlungen des Finanzministeriums an den Agrarverlag vervielfachten sich in diesem Jahr. (Sebastian Fellner, Jan Michael Marchart, 28.6.2022)