Über die Kohle-Vergangenheit Österreichs ist eigentlich Gras gewachsen. Nun soll das Kraftwerk in Mellach reaktiviert werden.

Das Gas könnte in Österreich schon bald knapp werden – rasche Alternativen für den Rohstoff, der zu rund 80 Prozent aus Russland kommt, gibt es kaum. Um dem drohenden Mangel gegenzusteuern, setzt die Regierung nun ausgerechnet auf eine besonders schmutzige Energieform: auf Kohle. Konkret soll das stillgelegte Kohlekraftwerk im steirischen Mellach im Notfall reaktiviert werden, das erst 2020 als Österreichs letztes Kohlekraftwerk vom Netz ging.

Dabei ist Kohle die für das Klima schädlichste Energieform. Beim Verbrennen von Steinkohle – die in Mellach eingesetzt wurde – gelangen etwa 40 Prozent mehr Emissionen in die Atmosphäre als bei Erdgas. Bei Braunkohle, die vor allem in Deutschland eingesetzt wird, ist die Klimabilanz noch wesentlich schlechter.

Um die Klimawirkung einzelner Energieträger zu vergleichen, eignet sich am besten eine Analyse entlang des gesamten Lebenszyklus – denn manche Energieformen produzieren zwar wenige Emissionen, sind aber in der Herstellung energieintensiv. Wird mit Steinkohle Energie produziert, werden je Kilowattstunde zwischen 740 und 1.000 Gramm CO2 freigesetzt, bei Braunkohle sind es ungefähr 980 bis 1.200 Gramm.

Welt setzt weiter auf Kohle

Mit den Klimazielen ist die Kohleenergie deshalb unter keinen Umständen vereinbar, sagen viele Expertinnen und Experten. Trotzdem ist Kohle weltweit nach wie vor der zweitwichtigste Energieträger nach Öl. Obwohl sie nur 40 Prozent der weltweit verbrauchten Energie liefert, trägt sie zu 70 Prozent der energiebezogenen CO2-Emissionen bei. Mit dem Wirtschaftsaufschwung nach dem Corona-bedingten Einbruch im Jahr 2020 setzen insbesondere Schwellenländer weiter auf den klimaschädlichen Brennstoff als Energiequelle. Vor allem China und Indien waren es, die ein starkes Bekenntnis zum Kohleausstieg auf der Weltklimakonferenz in Glasgow vergangenes Jahr verhinderten.

Kohle ist der mit Abstand klimaschädlichste Energieträger.
Foto: Reuters/Daniel Munoz

Kohleunternehmen und ihnen nahestehende Forschungsinstitute sehen zumindest auch in einer klimaneutralen Welt einen Platz für Kohle: Das CO2 soll direkt im Kraftwerk abgeschieden und gespeichert werden. Das würde den Klimafußabdruck des Energieträgers laut dem Weltklimarat aber nur um rund drei Viertel drücken. Abgesehen davon, dass die Technologien zur CO2-Abscheidung noch nicht ausgereift sind, sollten diese laut Expertinnen und Experten vor allem dort verwendet werden, wo sich CO2 kaum vermeiden lässt – etwa in der Zementherstellung.

Dazu würde die CO2-Abscheidung die Energie aus Kohle verteuern. Schon heute ist der in vielen Staaten hochsubventionierte Kohlestrom kaum noch konkurrenzfähig im Vergleich mit den erneuerbaren Energien, wo im Gegensatz zur Kohle in Zukunft noch Effizienzgewinne zu erwarten sind.

Wie stark der Einfluss vom Kohleausstieg im Vergleich auf andere Klimaschutzmaßnahmen ist, zeigt ein Blick in die Treibhausgasstatistik Österreich für das Jahr 2020 – in dem das Kraftwerk Mellach stillgelegt wurde. Durch diesen Schritt sanken die Emissionen laut Umweltbundesamt schlagartig um rund 800.000 Tonnen CO2-Äquivalente. Zum Vergleich: Im selben Jahr wurden in ganz Österreich insgesamt 73,6 Millionen Tonnen an Treibhausgasen emittiert.

Auch wenn der Schritt der Klimaschutzministerin eine absolute Notlösung ist: Für das Klima ist alles besser als Kohle.

Sonnenenergie: Nachhaltiger Strom auch für Eigenbedarf

Sonnenenergie gehört zu einer besonders nachhaltigen Energieform, lediglich bei der – immer günstiger werdenden – Produktion der Solarpaneele fallen einige Emissionen an. Unter dem Strich ist die Technologie mit rund 41 Gramm CO2 je Kilowattstunde aber vorn dabei. Mit fortschreitender Entwicklung könnte diese Zahl noch sinken.

Noch dazu hat Photovoltaik einen weiteren Vorteil: Jede Bürgerin kann durch entsprechende Paneele auf dem Dach oder im Garten selbst grünen Strom produzieren. Doch die Paneele sorgen immer wieder für Kritik – wenn es zum Beispiel um die Wahrung des Ortsbildes geht.

Liefern auch ohne Putzen sauberen Strom: Photovoltaikanlagen.
Foto: Reuters/MOHAMED ABD EL GHANY

Klar ist: Das Potenzial von Sonnenenergie ist in Österreich bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Nach wie vor sind die meisten Industriegebäude, Parkplätze oder Shoppingcenter nicht mit Solarpaneelen ausgestattet. Doch derzeit erlebt Sonnenenergie – nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Energiepreise – einen regelrechten Boom. Die Nachfrage nach Anlagen für den Eigenbedarf ist deutlich gestiegen.

Gas: Doch keine geeignete Übergangstechnologie

Gas wurde lange Zeit als Überbrückungstechnologie gefeiert – und in Österreich auch entsprechend gefördert. Der Rohstoff sollte schmutzigere Energieformen wie Öl und Kohle ersetzen. Diesem Vorhaben hat nicht zuletzt der russische Angriffskrieg in der Ukraine einen Strich durch die Rechnung gemacht. Österreich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark von Russlands Gas abhängig gemacht. Seit einigen Tagen gehen russische Gaslieferungen nach Europa zurück.

Gas ist auch für das Klima nicht gut, wie die hier eingesetzten Zahlen des Weltklimarats verdeutlichen. Sie zeigen, wie viel Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde über die gesamte Lebensdauer freigesetzt werden – bei Gas sind es 490 Gramm.

Der Rohstoff wird in Österreich in erster Linie für die Industrie genützt, landesweit heizt aber auch ein Viertel aller Haushalte mit Gas. Besonders in Wien spielt der Rohstoff eine wichtige Rolle in der Wärmeversorgung: Rund die Hälfte aller Haushalte heizt mit Gas.

Biomasse: Schlechte Bilanzen für die Pflanzen

Biomasse ist der älteste Energieträger der Menschheit: Mit trockenem Holz lässt sich nicht nur heizen und kochen, sondern auch Strom erzeugen. Zu Biomasse zählt neben Holz aber auch Treibstoff, der etwa aus Raps oder Palmöl hergestellt wird, oder Biogas aus vergorenen Essensresten.

Grundsätzlich entsteht bei der Verbrennung nur die Menge CO2, welche die Pflanze in ihrer Lebensdauer aus der Luft aufgenommen hat. Weil aber insbesondere Bäume nur langsam wachsen, ist umstritten, inwiefern Biomasse kurzfristig zum Klimaziel beiträgt.

Holz brennt gut, wächst aber langsam.
Foto: Getty Images/iStockphoto

Aber nicht nur die Verbrennung verursacht CO2: Energiepflanzen müssen angebaut, teilweise gedüngt, verarbeitet und transportiert werden. Weil in einem Kilo Biomasse weit weniger Energie steckt als in einem Kilo Kohle, fällt der Transport besonders stark ins Gewicht. Im Durchschnitt kommt der Weltklimarat deshalb auf 230 Gramm CO2 pro Kilowattstunde – ein eher mäßiger Wert. Dafür ist die Energie unabhängig von Tageszeit und Wetter.

Wasserkraft: Heimischer Champion mit Bedenken

In Österreichs Bundeshymne ist nicht umsonst vom "Land am Strome" die Rede: In Österreich ist Wasserkraft eine besonders beliebte Energieform. Rund 60 Prozent der Stromerzeugung werden durch Wasserkraft gedeckt – wodurch Österreich im Bereich der Erneuerbaren im Stromsektor besonders gut dasteht.

Im ganzen Land gibt es mehr als 5.000 Wasserkraftwerke, 4.000 davon sind Kleinkraftwerke, etwas mehr ginge aber noch: Derzeit werden etwa drei Viertel des technisch-wirtschaftlichen Wasserkraftpotenzials in Österreich genutzt. Bei der durchaus sauberen Energieform stoßen sich Klimaschützer oft an Umweltschützern – Letztere sorgen sich um die Artenvielfalt in den Gewässern. Darüber hinaus dauert es bei der Wasserkraft wie bei vielen anderen erneuerbaren Energieformen auch von der Genehmigung bis zur Inbetriebnahme oft lange.

Bei Wasserkraft gibt es eine große Spannbreite, wie viel Emissionen pro Kilowattstunde anfallen. Laut Weltklimarat liegt der Median bei 24 Gramm CO2.

Wind: Klimafreundlich, aber nicht nur beliebt

Rund 1.300 Windkraftanlagen produzieren in Österreich Energie – vor allem im Osten des Landes. Windkraft zählt zu einer besonders sauberen Energieform: Laut Weltklimarat verursachen die Anlagen rund elf Gramm CO2 pro Kilowattstunde, bei Offshore-Anlagen im Meer ist der Wert ein wenig höher.

Doch trotz der guten Klimabilanz geht der Ausbau der Windkraftanlagen in Österreich nur schleppend voran. Gründe dafür gibt es gleich mehrere: Flächen müssen entsprechend gewidmet werden – was außerhalb der Bundeskompetenz liegt. Darüber hinaus stoßen sich nach wie vor viele Menschen an der Optik von Windrädern – was nicht zu ihrer Beliebtheit beiträgt.

Außerdem werfen Kritiker immer wieder ins Treffen, dass Windräder Vögel töten würden. Die Empirie zeigt: Ja, Windräder töten Vögel – aber im Vergleich zu anderen Energieträgern (und Hauskatzen) fällt die Bilanz nicht besonders schlecht aus. Studien zufolge töten fossile Energieträger pro Gigawattstunde rund 15-mal mehr Vögel als Windkraft.

Geothermie: Österreich wird mit dem Boden nicht warm

Unter unseren Füßen ist es warm. Warm genug, um theoretisch den gesamten Energiebedarf der Welt decken zu können. Doch bisher spielt Geothermie, also die Nutzung dieser Erdwärme, im globalen Energiemix noch kaum eine Rolle.

Die Energie aus dem Untergrund entsteht durch radioaktiven Zerfall im Erdkern und ist praktisch unerschöpflich. Dazu ist sie im Gegensatz zu Wind- und Solarkraft 24 Stunden am Tag verfügbar und mit 38 Gramm CO2 pro Kilowattstunde auch äußerst klimafreundlich.

Sieht aus wie schmutziges Öl, liefert aber nachhaltige Energie: eine Geothermie-Anlage in Kalifornien.
Foto: AFP/ROBYN BECK

Dass der Durchbruch noch ausbleibt, liegt vor allem an den hohen Bohrkosten, die sich schon einmal auf mehrere Millionen Euro für ein kleines Kraftwerk belaufen können.

Potenzial gäbe es auch in Österreich genug: Ende vergangenen Jahres haben Forschende ein riesiges Heißwasserreservoir direkt unter Wien entdeckt. Viel effizienter als Strom- ist die Wärmegewinnung aus Geothermie. Mit dem Becken in Wiens Untergrund könnten 125.000 Haushalte via Fernwärme beheizt werden.

Kernkraft: Wenig Emissionen, aber andere Probleme

Mit nur zwölf Gramm CO2 pro Kilowattstunde wirkt die Kernkraft durchaus ökologisch. Kein Wunder also, dass derzeit angesichts der Energiekrise die Rufe nach einem Ausbau oder einer Verlängerung bestehender AKWs lauter werden – vor allem da sie grundlastfähig sind.

Doch so sauber und zuverlässig die Produktionsform an und für sich ist, so dreckig ist der Abfall, den sie produziert: Noch immer gibt es keine klaren Lösungen dafür, wie mit nuklearen Abfall umgegangen werden soll. Dieser bleibt über extrem lange Zeiträume radioaktiv.

Zudem zeigen Unfälle wie jener in Fukushima im Jahr 2011, welche Folgen der Einsatz von Atomenergie mit sich bringen kann.

Einige, allen voran Bill Gates, sehen die Zukunft in Mini-AKWs, die sicherer sein und weniger radioaktiven Müll produzieren sollen. Bis die ersten Versuchsreaktoren ans Netz gehen, dürfte es allerdings noch ein paar Jahre dauern. Auch bei klassischen AKWs kam es oft zu jahrelangen Verzögerungen und Kostenexplosionen. (Nora Laufer, Philip Pramer, 29.6.2022)