Sogar unter den Geimpften geht die Lust auf noch eine Impfung zurück.

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Österreich hat resigniert. So kann man die Ergebnisse einer neuen Gallup-Umfrage in drei Worten zusammenfassen. Wobei Andrea Fronaschütz, die Geschäftsführerin des Gallup-Instituts, das freilich differenzierter formuliert, wenn sie die Stimmung unter den Befragten beschreibt: "Man sagt: Ich bin mit der Regierung nicht einverstanden, die Infektionszahlen gehen in die Höhe, aber ich habe trotzdem immer weniger Lust, Freiheiten herzugeben, meine Bereitschaft, mich anders zu verhalten, schwindet, auch wenn ich eine Infektion befürchte."

Dieses Stimmungsbild ist ganz aktuell, die Befragungen fanden zwischen 21. und 24. Juni statt – also in jenem Zeitraum, in dem die Impfpflicht ein für alle Mal abgesagt wurde und gleichzeitig erstmals seit langem wieder 10.000 neue Fälle pro Tag verzeichnet wurden. 1.000 Personen wurden dafür von Gallup befragt, das ist laut Fronaschütz repräsentativ für die webaktiven Österreicherinnen und Österreicher über 16 Jahren.

Nur sechs Prozent vertrauen der Regierung "sehr"

In konkreten Zahlen drückt sich das so aus: 46 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Angst davor haben, sich anzustecken – ein leichter Anstieg im Vergleich zum Mai, so Fronaschütz, da waren es 43 Prozent. Gallup macht seit März 2020 regelmäßig derartige Erhebungen. Gleichzeitig seien aber nur noch weniger als zwei Drittel der Befragten bereit, Freiheitsrechte zugunsten der Pandemiebekämpfung aufzugeben – ein Wert, der zu Beginn der Pandemie noch bei 95 Prozent und Ende letzten Jahres bei rund 70 Prozent lag.

Zugleich nimmt auch die Zahl jener, die glauben, die Pandemie sei unter Kontrolle, ab. Sie sank seit Mai um zehn Prozentpunkte auf 31 Prozent. Der Anteil jener, die der Regierung in der Krisenbewältigung vertrauen, bleibt niedrig. Momentan sind es nur noch sechs Prozent, die angeben, sie würden da "sehr" vertrauen, etwa ein Viertel "sehr" oder "eher".

Summa summarum gehen immer mehr Leute davon aus, dass die Pandemie so bleiben wird, wie sie nun ist – momentan 65 Prozent. "Da hatten wir im gesamten Pandemieverlauf noch nie so einen hohen Wert", sagt Fronaschütz. Gleichzeitig sei der Anteil jener, die glauben, dass die Situation besser werden wird, "ganz dramatisch zurückgegangen".

Zustimmung zur Impfung sinkt

Auch bei den Impfungen hat sich die Stimmung gedreht. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) blies die Impfpflicht bekanntlich auch deswegen ab, weil sie Ungeimpfte nicht mehr zum Stich motivieren würde – dem stimmt die Datenlage zu. Unter den Befragten geben 13 Prozent mehr oder weniger konstant an, dass sie sich nicht impfen lassen werden, "diese Personen sind auch nicht von einer Impfung zu überzeugen", sagt Fronaschütz.

Aber: Nun ändert sich die Lage bei den ganz oder teilweise Geimpften. Auf die Frage, ob sie sich – egal ob sie einmal oder schon vollständig geimpft sind – die Impfung auffrischen lassen, sagten im aktuellen Beobachtungszeitraum knapp 20 Prozent – also ein Fünftel – Nein. Ein Spitzenwert, noch im November lehnten das nur sechs Prozent ab. Dass man gerade auf diese Menschen nun achten muss, stellte aber auch die Regierung schon fest. Schon im Mai empfahl Gecko: Man solle in der Impfkommunikation darauf abzielen, "den Impfschutz der bereits Geimpften aufrechtzuerhalten".

Wobei Fronaschütz betont: All diese Stimmungsbilder seien volatil. "Das kann sich innerhalb von zwei Tagen mit einer Schlagzeile drehen." Etwa wenn eine gefährliche Variante auftauche oder wenn Maßnahmen beschlossen werden, deren Sinnhaftigkeit nicht nachvollziehbar ist. Umgekehrt könnte zum Beispiel die Bereitschaft zur Auffrischung steigen, wenn angepasste Impfstoffe die neuen Varianten abdecken. (Gabriele Scherndl, 28.6.2022)