Der Vatikan freut sich, dass Frauen in den USA das Recht genommen wurde, über ihren Körper zu bestimmen. Frauen sind für den Papst offenbar in erster Linie dazu da, um zu gebären. Tun sie es nicht, tätigen sie mit einer Abtreibung einen "Auftragsmord". Diesen geschmacklosen Vergleich zu Schwangerschaftsabbrüchen zog Papst Franziskus 2019. Dass dem Papst das Recht auf Selbstbestimmung nichts wert ist, ist keine Überraschung. Kampagnen für Abtreibungsverbote und die katholische Kirche sind weltweit eng verzahnt.

Angehörige der Planned-Parenthood-Gruppe auf der New York Pride.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire

Immerhin: Die Kirche spricht Klartext. Wer nicht will, dass Frauen daran sterben, dass sie zum Beispiel sogar unter Lebensgefahr für sie selbst nicht abtreiben dürfen, kann der ohnehin schon großen Welle der Austritte aus der Kirche weiteren Schwung verleihen.

Weniger Klartext sprechen hingegen konservative Parteien wie die ÖVP. Sie hält sich bedeckt, obwohl sich die einen in der Partei regelmäßig unter Antiabtreibungsmärsche mischen und die anderen die österreichische Fristenregelung nur tolerieren, statt sie als zentrales Frauenrecht zu benennen – selbst die für Frauenrechte zuständige Ministerin Susanne Raab.

Jetzt wäre somit ein guter Zeitpunkt, die unheilige Allianz zwischen Kirche und konservativen Parteien mindestens so kritisch unter die Lupe zu nehmen wie viele Jahre lang die zwischen "Politischem Islam" und "Islam". Ihr widmeten sich ÖVP und FPÖ lange leidenschaftlich, während es das "politische Christentum" nie auf ihre Agenda schaffte – obwohl genau das US-Präsident Donald Trump überdeutlich vorgeführt hat, als er während seiner Präsidentschaft die letzten Meter für das Ende von Roe v. Wade ebnete. Wer Frauenrechte schützen will, muss nicht nur den Kurs der Kirche bekämpfen, sondern auch den von Parteien, die sich von so manchen "christlichen Werten" nicht klar distanzieren wollen. (Beate Hausbichler, 28.6.2022)