An die 28 Milliarden Euro will die Bundesregierung in den nächsten Jahren im Kampf gegen die steigenden Preise in die Hand nehmen. Das Antiteuerungspaket soll mit Einmalzahlungen wie dem Klimabonus kurzfristig helfen. Mittel- und langfristig wird die Abschaffung der kalten Progression die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlasten.

Für viele Interessenvertreter und Parteien reichen die aktuellen Maßnahmen aber nicht aus. Die Diskussionen über weitere Entlastungsschritte gehen daher munter weiter. Während SPÖ und FPÖ bei einer möglichen Senkung der Mehrwertsteuer oder der Mineralölsteuer allein sind, zeigte sich die türkis-grüne Regierung bei Unterstützungen für Mieterinnen und Mieter und beim Arbeitslosengeld zuletzt aufgeschlossener.

Stopp bei Mieterhöhungen

Foto: imago images/Alexander Pohl

Nach Berechnungen der Arbeiterkammer werden Mieterhöhungen dieses Jahr zu einer Mehrbelastung in Höhe von insgesamt rund 400 Millionen Euro führen. Wegen der Corona-Krise waren die Inflationsanpassungen im Jahr 2021 vorübergehend ausgesetzt worden. Im April 2022 wurden sie dann sowohl bei den Kategorie- als auch bei den Richtwertmieten nachgeholt. Im Juni kam es bei den Kategoriemieten zu einer weiteren Erhöhung. Sie werden stets dann angepasst, wenn das durchschnittliche Preisniveau seit der letzten Erhöhung um fünf Prozent gestiegen ist. Auch bei vielen freien Mieten sind ähnliche Klauseln vereinbart.

Laut Arbeiterkammer könnte es aufgrund der anhaltenden Inflation bis Jahresende zu einer weiteren Anpassung kommen. Sie fordert daher, die Wertberichtigungen auf einmal pro Jahr und auf maximal zwei Prozent zu beschränken. Heuer bereits erfolgte Mieterhöhungen sollen zurückgenommen werden. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hatte im STANDARD-Gespräch darauf verwiesen, dass dauerhafte Eingriffe in die Mietpreise "verfassungsrechtlich problematisch" wären. Die Regierung sei aber in Gesprächen mit den Ländern. Im Raum steht eine Erhöhung der Wohnbeihilfen, um gezielt zu helfen.

Pensionen und Arbeitslosengeld

Foto: imago images/photothek

Pensionistinnen und Pensionisten sind aufgrund ihres niedrigen Einkommens besonders stark von der Teuerung betroffen. Allerdings wird es erst kommendes Jahr im Jänner zu einer Anpassung kommen. Peter Kostelka, Präsident des SPÖ-nahen Pensionistenverbands, fordert nun, die Erhöhungen vorzuziehen und bereits im Sommer umzusetzen. Ingrid Korosec, Präsidentin des ÖVP-Seniorenbunds, will dagegen eine Erhöhung der Absetzbeträge für Pensionisten. Die Reform könne "sofort umgesetzt werden" und die Steuerlast senken. Experten der Wirtschaftsforschungsinstitute IHS und Wifo bevorzugen diese Variante.

Diskutiert wurde zuletzt auch eine Erhöhung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe. Derzeit bekommen Menschen, die ihre Arbeit verlieren, 55 Prozent ihres bisherigen Gehalts. Die Sozialdemokraten wollen den Satz auf 70 Prozent erhöhen. Arbeitsminister Martin Kocher, der derzeit eine große Reform des Arbeitslosengelds plant, will zumindest über Erhöhungen nachdenken. "Wenn die Inflation hoch bleibt, ist eine Anhebung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe vielleicht notwendig", sagte Kocher kürzlich dem Nachrichtenmagazin "Profil".

Senkung der Umsatzsteuer

Foto: imago stock&people

Um nicht nur "Symptombekämpfung" zu betreiben, sondern die hohen Preise aktiv zu bekämpfen, fordert die SPÖ seit Monaten eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. In eine ähnliche Kerbe schlägt die FPÖ, die die Mineralölsteuer streichen will. Ob Steuersenkungen tatsächlich an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben werden, ist allerdings umstritten. Im Fall der deutschen Spritpreisbremse haben laut dem Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) 85 bis 100 Prozent der Steuersenkung durchgeschlagen. Die Preise sind zwar weiter gestiegen, wären ohne Tankrabatt jedoch noch stärker angezogen.

Eine Studie zur deutschen Mehrwertsteuersenkung zu Beginn der Pandemie zeichnete dagegen ein anderes Bild. Demnach wurde nur die Hälfte der Steuersenkung weitergegeben. Von der anderen Hälfte profitierten die Unternehmen – was damals durchaus gewollt war, um die Wirtschaft anzukurbeln. In Österreich wären Verkäufer gesetzlich dazu verpflichtet, Steuersenkungen weiterzugeben. Durchsetzen ließe sich das in der Praxis aber wohl nur schwer.

Preisdeckel

Foto: imago images/Future Image

EU-Länder wie Spanien, Ungarn oder Kroatien haben es bereits vorgemacht, jetzt werden Preisdeckel auf bestimmte Güter – etwa auf Lebensmittel oder Energie – auch in Österreich diskutiert. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán setzte per Verordnung bereits vor Monaten einen Benzinpreis von umgerechnet 1,20 Euro fest. Kroatien zog vergangene Woche nach und verhängte einen Preisdeckel für Tankstellen abseits von Autobahnen. Trotz der einschneidenden Maßnahme kämpft Ungarn aber weiter mit einer Inflationsrate von rund elf Prozent, weil die Preise aller anderen Güter steigen.

Ökonominnen und Ökonomen sehen Markteingriffe in Form von Preisdeckeln äußerst kritisch. Sie könnten im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Produktion bestimmter Güter eingeschränkt wird oder sie gar nicht mehr angeboten werden, weil sie für Unternehmen nicht mehr rentabel sind. Staaten könnten diesen Effekt aber abschwächen, indem sie betroffene Betriebe finanziell unterstützen. (Jakob Pflügl, 29.6.2022)