MFG-Chef Michael Brunner fordert Alexander Van der Bellen heraus.

APA/GEORG HOCHMUTH

Bis zum Beginn der Pandemie war Michael Brunner vor allem eines: ein Wiener Rechtsanwalt mit Kanzlei in bester Innenstadtlage, spezialisiert unter anderem auf Miet- und Baurecht. Mit der Ausbreitung des Coronavirus packte den Juristen aber offenkundig noch ein anderes Virus – nämlich jenes der Politik. Nachdem er gemeinsam mit Kollegen die "Rechtsanwälte für Grundrechte" gegründet hatte, die sich fortan kritisch mit den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung auseinandersetzten, wagte er im Februar 2021 den ersten Schritt in die Politik: Er gründete die impfkritische Partei MFG, deren Vorsitzender er seither ist.

Am Montag verkündete der streitbare 61-Jährige die nächste Etappe auf dem Weg seiner vergleichsweise spät entdeckten politischen Ambitionen: Er gab seine Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober bekannt. Eine Hürde bis zum tatsächlichen Antritt gilt es für Brunner freilich noch zu nehmen: das Sammeln der 6000 Unterstützungserklärungen, die nötig sind, um letztlich auf dem Wahlzettel zu stehen.

Gegen Parteinahme für die Ukraine

Bei seiner Pressekonferenz erklärte Brunner es zu seinem Ziel, Amtsinhaber Alexander Van der Bellen in eine Stichwahl zu zwingen. Dort hätte er eine Chance auf den Sieg. Inhaltlich bleibt er seiner Linie treu: Als Bundespräsident würde er die Regierung entlassen und die Aufhebung aller Corona-Maßnahmen erzwingen.

Aber nicht nur die Corona-Politik, auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bewegt den streitlustigen Anwalt offenkundig – vor allem die österreichische Position in diesem Konflikt: Er fordert strikte Neutralität und lehnt jede politische Parteinahme für die Ukraine ab. Den mitregierenden Grünen warf er vor, sie seien keine pazifistische Bewegung mehr. Die Waffenlieferungen aus Europa bezeichnete er als "Kriegshetze".

Privat ist der Sohn eines Trafikanten und einer Hausfrau Opernliebhaber und verheirateter Vater einer erwachsenen Tochter. Für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass Brunner tatsächlich in die Hofburg einzieht und dort die im Parlament beschlossenen Gesetze mit seiner Unterschrift absegnet, müsste man sich übrigens möglicherweise Sorgen um seine Schlafqualität machen. Jedenfalls legt das ein Zitat des einstigen deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck nahe, das Brunner auf die Website seiner Kanzlei hat stellen lassen: "Wer weiß, wie Gesetze und Würste zustande kommen, kann nachts nicht mehr schlafen." (Martin Tschiderer, 27.6.2022)