Katharina Naschenweng und Sarah Zadrazil sind bei der EM dabei.

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Wien – Der Frauenfußball hat aufgeholt – auch bei den Prämien. Österreichs Nationalspielerinnen erhalten bei der bevorstehenden EM in England aber immer noch deutlich geringere Zahlungen als ihre männlichen Kollegen bei ihrer im Vorjahr. Die Uefa hat ihre Ausschüttungen bei der Frauen-EM zwar auf 16 Millionen Euro verdoppelt, das Antrittsgeld für jeden Verband beträgt nun 600.000 Euro. Finanziell ist die Veranstaltung für den ÖFB aller Voraussicht nach dennoch ein Minusgeschäft.

Die Kosten für das Turnier belaufen sich laut ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold auch ohne die dreiwöchige Vorbereitung auf einen siebenstelligen Betrag. "Unter dem Strich bleibt ein Defizit. Das ist kein Wehklagen, sondern ein Faktum", erklärte Neuhold im Gespräch mit der APA. Frühestens ab Erreichen des Halbfinales wäre die Gewinnschwelle zu erreichen. "Auch wenn kein Geld übrig bleibt, wollen wir als Zeichen der Wertschätzung Prämien ausbezahlen", betonte Neuhold – und zwar "wesentlich höhere" als bei der EM 2017.

Kein Kuchen

Mit den Ausschüttungen an die ÖFB-Männer sind die Summen weiterhin nicht vergleichbar. Zumindest denselben Prozentsatz der Einnahmen auszubezahlen, wie es etwa aus Spanien kolportiert wurde, macht laut Neuhold keinen Sinn, weil nach Abzug aller Kosten kein Nettoerlös bestehen bliebe. "Es gibt keinen Kuchen aufzuteilen", erklärte der Chef der ÖFB-Wirtschaftsbetriebe GmbH. "Bei den Männern gibt es diesen Kuchen." Bei der EM im Vorjahr stellte die Uefa – bei 24 gegenüber nun 16 Teilnehmern – das 20-Fache an Preisgeld (insgesamt 331 Millionen Euro) bereit.

Die "Cashcow" Männer-Nationalteam nutzt der ÖFB allerdings auch, um Projekte querzufinanzieren, unter anderem den Frauenfußball. "Wir sind trotz des Defizits bereit, voller Überzeugung in das Produkt zu investieren", sagte Neuhold über die kommende Woche startende EM. Die Qualität der Vorbereitung und des Teamquartiers sowie die Größe des Betreuerstabs seien gegenüber 2017 wesentlich verbessert worden. Neuhold: "Ich traue mir zu sagen, dass es diesbezüglich keine Unterschiede zur Männer-EM 2021 gibt."

Neuhold: "Es gibt sehr viel Potenzial"

Finanziell hinken die Frauen den männlichen ÖFB-Kollegen aber immer noch hinterher. Das ist nicht in allen Ländern so. In den USA etwa erwirkten die Nationalspielerinnen gleiche Bezahlung per Vergleich vor Gericht. Dort sei die "Vermarktungskomponente" aber eine andere, sagts Neuhold. Und auch in Europa – hier tat sich zuletzt etwa die Schweiz mit per Sponsor finanzierten gleich hohen erfolgsabhängigen EM-Prämien für Männer und Frauen hervor – seien die Herangehensweisen zu unterschiedlich, um sie zu vergleichen.

"Bei uns gibt es die unterschiedliche Erlösstruktur bei Männern und Frauen derzeit nicht her, dass wir die gleichen Prämien ausschütten können", sagte Neuhold. Von ÖFB-Partnern und potenziellen Sponsoren bestehe allerdings immer mehr Interesse an Frauenthemen. Der Niederösterreicher führte den Halbfinaleinzug bei der EM 2017 als Dosenöffner, aber auch die "nahbare Art und Weise", mit der die ÖFB-Spielerinnen das Thema verkörpern und für Marketingaktivitäten zur Verfügung stünden, als Gründe an. "Es gibt aber sehr viel Potenzial, das Produkt noch besser zu platzieren."

Prämienverhandlungen

Profitieren sollen dann auch die Akteurinnen selbst, die laut Neuhold "erheblichen Anteil" am Aufschwung der vergangenen Jahre hatten. Entsprechend selbstbewusst sei der Spielerinnenrat auch in den Prämienverhandlungen aufgetreten. Neuhold: "Sie hatten gute Argumente, und wir wollten unseren Beitrag leisten. Ich bin überzeugt, dass wir eine faire Lösung gefunden haben." Die Zahlungen setzen sich laut dem Geschäftsführer aus einem Garantiebetrag und Leistungsbonifikationen zusammen. Die genaue Höhe nannte er wie bei den Männern nicht.

Teamchefin Irene Fuhrmann gab sich im Prämienvergleich mit den Männern sachlich. "Es ist natürlich das Ziel, dass es sich angleicht", sagte die Wienerin. "Aber wir müssen schon realistisch sein, wenn wir die Leute nicht ins Stadion bringen oder solange die Uefa unterschiedliche Prämien ausschüttet." Man werde sich immer weiter bewegen, meinte die 41-Jährige. "Der Abstand wird aber immer noch sehr lange sehr groß bleiben." (APA, 28.6.2022)