Ein um ein halbes Jahr späterer Antritt sollte das Glück im Ruhestand nicht mindern. Doch geht es nach Kritikern des heimischen Pensionssystems, sollten die Menschen noch deutlich länger im Berufsleben bleiben.

Foto: Getty Images / iStockphoto

Es ist eine Meldung mit Seltenheitswert: Im Vorjahr ist das Pensionsantrittsalter nach Jahren der Stagnation wieder gestiegen. Von der APA veröffentlichten Daten aus der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) zufolge traten Männer im Schnitt mit 61,8 Jahren in den Ruhestand, Frauen mit 59,8 Jahren – das ist jeweils ein halbes Jahr später als 2020. Während die Frauen damit schon sehr nahe am gesetzlich festgelegten Regelpensionsalter von 60 Jahren sind, fehlt auf die 65 Jahre der Männer immer noch ein gutes Stück.

Der nunmehrige Anstieg ist insofern bemerkenswert, als sich an dieser Frage immer wieder hitzige Debatten entzündeten. Kritiker nennen das ihrer Meinung nach zu niedrige Antrittsalter gerne als Beleg dafür, dass das Pensionssystem auf wackeligen Beinen stehe. Angesichts des demografischen Wandels – mehr und immer ältere Pensionisten, weniger beitragszahlende Erwerbstätige – müssten die Menschen weitaus länger im Berufsleben gehalten werden, so das Argument. Denn jeder Monat später erspart dem Staat, der Milliarden ins Pensionssystem zuschießt, Geld.

Foto: APA

Zu verdanken ist der nunmehrige Alterssprung laut PVA dem von der türkis-grünen Regierung durchgesetzten Ende der sogenannten Hacklerregelung, einer populären, weil abschlagsfreien Form der Frühpension. Außerdem habe die Einführung des befristeten Rehabilitationsgeldes dazu geführt, dass Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen später angetreten worden seien.

Weil von der Hacklerregelung fast nur Männer profitierten, und zwar auch in Form höherer Bezüge, löste die Abschaffung nach Interpretation der PVA noch einen anderen Effekt aus: Der Gender-Gap ist bei den Pensionen geschrumpft. Kamen Frauen 2020 im Schnitt lediglich auf 56,3 Prozent der männlichen Leistungshöhe, waren es ein Jahr später 59,2 Prozent.

Länger leben, kürzer arbeiten

Jubelmeldungen hält Gerald Loacker dennoch für unangebracht. Nach dem halben Jahr Anstieg gingen die Österreicher im selben Alter in Pension wie bereits 1975, rechnet der Neos-Abgeordnete mit Verweis auf die entsprechende Statistik vor: "Wir leben aber zehn Jahre länger als damals und treten wegen längerer Ausbildungen später ins Berufsleben ein. Das heißt, wir zahlen weniger lang Beiträge, beziehen aber die Leistung länger. "

Dass sich das finanziell auf Dauer nicht ausgehen könne, zeigten die jüngsten Budgetdaten, argumentiert Loacker: Demnach sollen Ausgaben für die Pensionen insgesamt (inklusive Beamten) von 2021 bis 2025 um ein Viertel von 22,5 auf 28,3 Milliarden steigen.

Verteidiger weisen nicht nur darauf hin, dass die realen Ergebnisse – was auch für 2021 galt – oft günstiger ausfielen als die Prognosen. Absolute Zahlen sagten auch wenig darüber aus, wie viel sich die Allgemeinheit leisten könne, lautet ein zentraler Einwand. Man müsse schon die Kosten in Verhältnis zur Wirtschaftsleistung setzen.

Nach dieser Rechnung wirken die Szenarien weniger bedrohlich: Laut dem letzten Bericht der Alterssicherungskommission sollen die staatlichen Zuschüsse ins System von 6,1 Prozent im Jahr 2020 bis 2030 auf 6,7 Prozent steigen, um dann stabil zu bleiben. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die alten, üppig dotierten Beamtenpensionen allmählich auslaufen.

Anzumerken ist natürlich: In krisenhaften Zeiten ist jede längerfristige Prognose mit Unsicherheit verbunden. (Gerald John, APA, 28.6.2022)