Plastik ist auf unserem Planeten allgegenwärtig, Viren ebenfalls. Manchen Erregern könnte die Kunststoffflut gelegen kommen.

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Rotaviren zählen zu den häufigsten Ursachen schwerer Durchfallerkrankungen, weltweit infizieren sich jährlich mehr als 100 Millionen Menschen mit diesen Erregern. Insbesondere für Kinder kann eine Ansteckung bedrohlich werden: Zwar gibt es längst eine wirksame Impfung gegen Rotaviren, nach Schätzungen der WHO sterben in armen Weltregionen aber nach wie vor rund 500.000 Kinder pro Jahr an den Folgen der schweren Durchfälle, die die Erreger auslösen.

Dass Rotaviren, die meist über Fäkalien oder kontaminierte Lebensmittel übertragen werden, äußerst widerstandsfähig sind, stellte sich schon bald nach ihrer Entdeckung in den 1970er-Jahren heraus. Sie können etwa nach der Ausscheidung aus dem Körper auf verschiedenen Oberflächen längere Zeit überdauern. Ein internationales Forschungsteam berichtet nun von einer in dieser Hinsicht bedenklichen Entdeckung: Die Viren können sich offenbar auch an Mikroplastikpartikel anhaften und auf diesen winzigen "Rettungsbojen" in Gewässern tagelang überleben und infektiös bleiben.

Allgegenwärtige Teilchen

In der Studie, die im Fachblatt "Environmental Pollution" erschienen ist, wurde erstmals untersucht, wie sich Viren in verschmutztem Süßwasser in einer natürlichen Umgebung verhalten, sagte Studien-Koautor Richard Quilliam von der britischen Stirling University. Frühere Untersuchungen hätten sich vor allem auf Viren in sterilen Umgebungen konzentriert. Dass die Erreger auf Plastikpartikeln überleben und auch über weitere Strecken transportiert werden könnten, sei besorgniserregend.

Immerhin ist Mikroplastik inzwischen omnipräsent – selbst in den entlegensten Regionen der Welt lassen sich der Abrieb und die winzigen Überreste degradierter Plastikerzeugnisse finden. Vor wenigen Wochen entdeckten Wissenschafter sogar erstmals im Schnee der Antarktis Mikroplastik – 20 Partikel pro geschmolzenen Liter. In Gewässer gelangt Mikroplastik nicht nur durch unsachgemäße Müllbeseitigung und aus Industrieanlagen, sondern auch in erheblichem Ausmaß über das Abwasser aus Haushalten.

Mögliches Gesundheitsrisiko

Quilliam und sein Team warnen, dass Krankheitserreger in belasteten Gewässern vermehrt zu Ansteckungen führen könnten: Mikroplastik könne leicht vom Körper aufgenommen werden. Auch wenn nach wie vor unklar sei, inwieweit die Plastikteilchen selbst gesundheitsschädlich sind, "wenn sie von Krankheitserregern besiedelt werden, könnte das durchaus ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen", sagte Quilliam. "Es braucht nicht viele Viruspartikel, um krank zu werden." (dare, 29.6.2022)