Ein neues EU-Gesetz sollte die globale Entwaldung stoppen, für Umwelt-NGOs ist es vor allem zahnlos.

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Kein Abholzen von Wäldern mehr für den europäischen Konsum – darauf haben sich die EU-Umweltministerinnen und -minister am Dienstagabend geeinigt. Unternehmen, die bestimmte Güter in die EU einführten, sollen sicherstellen, dass für ihre Produkte entlang der Lieferketten keine Wälder zerstört werden.

Vor allem sollen die "verbindlichen Sorgfaltspflichten" für Lebensmittel wie Palmöl, Kakao, Schokolade, Kaffee, Rindfleisch und Soja gelten. Aber auch Hersteller und Importeure von Leder, Möbel und Holz sollen sicherstellen, dass ihre Produkte "entwaldungsfrei" produziert wurden. Nun muss noch das EU-Parlament zustimmen.

Greenpeace: Fatale Lücken

Im Vorfeld hatte bereits Greenpeace das geleakte Positionspapier, das auch dem STANDARD vorliegt, kritisiert. Dieses weist für die die Umweltschutzorganisation "fatale Lücken" auf.

Als "Waldschädigung" zählt laut dem Vorschlag etwa nur der Eingriff in Urwälder. Diese machen allerdings nur mehr drei Prozent der Waldflächen in Europa aus. Alle anderen Wälder, die nicht mehr in ihrem Urzustand sind, aber trotzdem wichtig für Klima und Biodiversität sind, wären vom Gesetz also ausgenommen.

Als "Entwaldung" definiert der geleakte Gesetzesentwurf die "Umwandlung von Wald in landwirtschaftliche Nutzflächen", was laut Greenpeace ein "rechtsfreies Vakuum" schaffe: Wälder könnten etwa gerodet und zerstört werden, doch offiziell nicht als entwaldet gelten, wenn diese noch nicht landwirtschaftlich genutzt werden.

Für Lukas Meus, Waldexperte bei Greenpeace Österreich, spiegelt das Positionspapier "das traurige Versagen der europäischen Ministerinnen und Minister im weltweiten Naturschutz" wider, das Konzernen einen Freischein für weitere Waldzerstörung liefern würde.

Tropenholzimporte weiter möglich

Bei der Wortwahl hätten die Umweltministerinnen und -minister dem Druck der forstwirtschaftlichen Lobby nachgegeben. So wäre es etwa möglich, Tropenholz aus dem Amazonas-Regenwald in die EU zu importieren, wenn direkt nach der Abholzung noch keine landwirtschaftliche Nutzung des gerodeten Gebiets stattfindet, erklärt Meus.

Auch die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind sieht in dem Entwurf eine hochproblematische Aufweichung, da die Entnahme von Holz nicht als Ursache von Waldzerstörung anerkannt werde. Damit würden globale Bemühungen für Waldschutz völlig ad absurdum geführt", sagt Joachim Raich, Waldschutzexperte bei Südwind, in einer Aussendung. "Es ist, als würde man sagen: Lasst uns die Überfischung stoppen – ohne die Entnahme der Fische zu regeln." Umweltorganisationen kritisierten am Dienstag außerdem, dass andere Produkte wie Mais, Kautschuk oder Schweinefleisch nicht mit in die Liste aufgenommen worden seien. (red, 28.6.2022)