Die Wissensproduktion wird effizienter, wenn Publikationen frei zugänglich sind. Doch auf dem Weg Richtung Open Access gibt es einige Hürden zu überwinden.

Foto: Imago / Arnulf Hettrich

Grün, Gold, Platinum, Diamant, Bronze oder Hybrid? Open Access, die Bewegung in Richtung frei zugänglicher wissenschaftlicher Daten und Ergebnisse, fächert sich in viele Farben und Schattierungen auf. Sie beschreiben verschiedene Varianten der freien Publikation, etwa ob es sich um die Erstveröffentlichung in einem Open-Access-Medium (Gold) handelt, ob diese Veröffentlichung für die Wissenschafter gebührenfrei ist (Platinum, Diamant), ob sie zusätzlich zum Erscheinen in einem Subskriptionsjournal gegen eine weitere Gebühr auch frei zugänglich wird (Hybrid) oder ob eine freie Zweitveröffentlichung auf einem Dokumentationsserver erlaubt ist (Grün).

Die vielen Spielarten sind sichtbares Zeichen dafür, dass sich die Praxis des weltweiten Wissensaustauschs in einem starken Umbruch befindet. Open Access bedeutet verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit, was die Wissenschaften insgesamt effizienter macht. Die höhere Sichtbarkeit verbessert die Chancen für Autoren, zitiert zu werden. Nachdem ein großer Teil der Grundlagenforschung staatlich finanziert ist, ist es zudem nur fair, dass die Ergebnisse auch frei zugänglich sind.

Lange war Open Access eher eine Bewegung "von unten". Mittlerweile machen sich aber auch die EU und nationale Politikplattformen dafür stark. Der freie Zugang zur Wissenschaft ist zentraler Bestandteil der 2021 beschlossenen European Research Area Policy Agenda, die nun den nationalen Rechtssystemen eingeschrieben werden soll. In Österreich bemüht sich die Plattform Open Science Austria, mittlerweile unter dem Dach der Universitätenkonferenz (Uniko), um das Thema. Auch der Wissenschaftsfonds FWF hat in Österreich schon früh auf Open Access gesetzt.

Handlungsspielräume

Die Entwicklungen gaben den Rahmen für eine Studie, die den Status quo und den Handlungsbedarf im aktuellen Transformationsprozess analysiert. Expertin Katja Mayer vom Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) in Wien hat im Auftrag des Wissenschaftsministeriums die Open-Access-Ansätze in der heimischen Wissenschaft durchleuchtet und mit den Akteuren über Handlungsspielräume, Herausforderungen und Hindernisse gesprochen.

Die gute Nachricht zuerst: "Österreich ist bei Open Access gut aufgestellt", betont Mayer. "Schon früh entstanden Initiativen und informelle Netzwerke zwischen Forschungs-, Bildungs- und Förderorganisationen sowie Open-Access-Verträge mit den Verlagen."

Die Universitäten tragen mittels eigener Fonds die Publikationskosten für ihre Angehörigen. In Österreich habe sich hier die Kooperation E-Medien Österreich (KEMÖ), ein Zusammenschluss von Hochschulen zum Erwerb wissenschaftlicher Lizenzen, verdient gemacht, sagt Mayer. "Im Bereich der öffentlich geförderten Wissenschaft sind wir heute bei einer Open-Access-Rate von etwa 75 Prozent."

Genug Baustellen

Natürlich gibt es dennoch genug Baustellen, was Infrastrukturen, das Monitoring des wissenschaftlichen Outputs und die rechtlichen Rahmenbedingungen betrifft – auf diese drei Bereiche konzentriert sich Mayers Studie. Datenbanken, Metadatensysteme und andere Infrastrukturen, die helfen, neues Wissen zu publizieren und in bestehende Strukturen einzugliedern und die die wissenschaftliche Produktion "vermessen" lassen, sind der Grundstock für das Monitoring.

Wichtige Maßstäbe, die etwa auf der Analyse von Zitationen aufbauen, sind aber nach wie vor in der Hand großer Verlagskonzerne, die ihre Datenschätze nicht preisgeben wollen. "Wenn wir kein System aufbauen, das uns zeigt, welches Wissen wir überhaupt haben, müssen wir es erst wieder von den großen Verlagen zukaufen", resümiert Mayer.

Freiwilligeninitiativen

"Viele der Infrastrukturen basieren auf der Arbeit Freiwilliger", sagt die Expertin. Es handelt sich oft um gewachsene, wenig nachhaltige Strukturen, die keine gesicherte Finanzierung haben und nicht institutionell eingebettet sind. "Eine Initiative hat etwa auf Basis informeller Kontakte in der Bibliothekswelt eine Datenbank zu den Kosten für Open-Access-Publikationen aufgebaut", gibt Mayer ein Beispiel. "Auch im Bereich der Offenlegung der Zitationsanalyse gibt es Freiwilligeninitiativen dieser Art."

In Österreich kümmert sich das von universitären Akteuren getragene Projekt "Austrian Transition to Open Access" (AT2OA) um die Zusammenführung von Publikationsmetadaten verschiedener Hochschulen – eine Entwicklung, die Österreich beim Infrastrukturthema relativ gut dastehen lässt. Daraus könnte letztendlich auch ein Pilot für ein Forschungsdokumentationssystem entstehen, das die gesamte Publikationstätigkeit im öffentlich geförderten Bereich abdeckt. Andere Staaten, in denen die Aktivitäten bereits in einem nationalen Policy-Rahmen strukturiert sind und nicht nur auf Initiativen der Wissensakteure selbst basieren, sind in diesem Punkt aber bereits weiter, betont Mayer.

Rechtliche Unsicherheiten

Handlungsbedarf besteht besonders auch bei Rechtsfragen. "Als in der Pandemie die Mehrwertsteuer für Bücher gesenkt wurde, war nicht klar, ob das für elektronische Publikationen im Bereich Open Access, in dem für die Publikation, nicht für den eigenen Zugang zu Inhalten bezahlt wird, auch gilt. Die Bibliotheken hatten deshalb Probleme bei ihrer Finanzplanung", gibt Mayer ein anschauliches Beispiel.

Neben den großen Brocken der Urheber- und Verwertungsrechte, die auf einheitliche Regelungen warten, ist auch im Datenschutz einiges zu tun, erklärt Mayer: "Bei marktführenden, kommerziellen Open-Access-Plattformen nimmt das Tracking von Nutzern zu. Ähnlich wie bei Facebook wird also mit den User-Daten gehandelt." Generell sind großen Verlage gerade dabei, sich in umfassende Information-Service-Provider zu verwandeln.

Die Covid-Pandemie und die Erfahrung, wie wichtig freies Wissen bei der Bewältigung der Krise ist, verliehen der Open-Access-Bewegung Rückenwind. Gleichzeitig entstanden aber auch viele Businessmodelle, die im globalen Kontext kaum fair sein können, betont die Open-Access-Expertin. "In Österreich stehen glücklicherweise öffentliche Mittel für die Publikationen zur Verfügung. Vielerorts müssen die Autoren aber selbst dafür bezahlen. Eine Gold-Veröffentlichung in einem großen Verlag kann bis zu 12.000 Dollar kosten. In vielen Ländern des Globalen Südens kann sich das kaum ein Wissenschafter leisten." (Alois Pumhösel, 9.7.2022)