Die Stadt Wien lässt das Abwasser aus der Kläranlage Simmering unabhängig vom Bund auf Corona untersuchen – und will das auch weiterhin tun.

Foto: Christian Fischer

Oberösterreich wird künftig verstärkt das Abwasser im Hinblick auf Corona unter die Lupe nehmen. Konkret greift man ab Montag auf die mikrobiologischen Daten von 26 Messstandorten zurück. Mit einem Ziel: über das Abwasser einen Überblick über die aktuelle Infektionslage zu bekommen.

"Es ist ein Faktum, dass Corona bleibt. Dazu kommt, dass sich immer weniger Menschen testen lassen. Screening ist daher das Mittel, wie wir am besten einen Überblick bekommen", ist Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) überzeugt.

Bisher wurden in 16 oberösterreichischen Kläranlagen, in deren Umfeld sich viele Schülerinnen und Schüler aufhalten, vom Bund Abwasseranalysen durchgeführt. Sie sind Teil des österreichweiten sogenannten Schulstandortmonitorings. Im Rahmen dieses Programms wird auf Kosten des Bildungsministeriums im Abwasser aus 108 Kläranlagen in der Nähe von Schulen untersucht, ob das Coronavirus darin nachweisbar ist.

Schulmonitoring läuft aus

Anfang Juni wurde allerdings bekannt, dass Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) das Schulmonitoring "mit Ende des Schuljahres 2021/22" auslaufen lässt. Stattdessen will man sich lediglich auf eine parallel geschaffene zweite Monitoringschiene verlassen: das sogenannte nationale Abwassermonitoring des Gesundheitsministeriums. Dafür werden aus den 24 größten Kläranlagen Österreichs Proben entnommen.

Gegen die Reduktion regte sich allerdings Widerstand: Um das regionale Infektionsgeschehen im Blick zu haben, sei Schulmonitoring weiterhin nötig, warnten die Fachleute hinter dem Programm. Mit Erfolg: Mehrere Bundesländer springen nun ein.

Die Analysen an den 16 Schulstandorten in Oberösterreich laufen noch bis August. Das Land will diese Standorte übernehmen – und stockt sogar um zehn Kläranlagen auf. Die Proben werden ins Labor des Salzkammergutklinikums Vöcklabruck gebracht.

Diesen Weg geht auch Salzburg. Bisher wurden Proben vom Standort Siggerwiesen und in der Kläranlage Salzach Pongau entnommen. Mit der Übernahme des Screenings durch das Land kommen fünf weitere schulnahe Standorte hinzu: In Kuchl, an den Trumer Seen, in Seekirchen, im Saalachtal in Saalfelden und im Zentralraum Lungau wird es laut dem Land künftig ebenfalls ein Abwassermonitoring geben.

"Das orientiert sich auch an den Schulzentren, damit man einen möglichst guten Überblick bekommt für den Herbst", sagt Franz Wieser vom Landesmedienzentrum. Finanziert werden die Screenings künftig komplett vom Land. Eine Ausschreibung sei in Vorbereitung.

Niederösterreich will das Schulmonitoring in abgeänderter Form weiterführen. Derzeit entnehme man in 14 Kläranlagen Proben, diese Zahl soll bis Ende August erhöht werden, heißt es aus dem Landhaus. Die Nähe zu einer Schule soll für die Auswahl eines Standorts aber nicht mehr entscheidend sein.

In Vorarlberg ist die weitere Vorgehensweise unklar. Noch bis August wird im Rahmen des Schulmonitorings Abwasser aus drei Anlagen untersucht. Derzeit laufen Gespräche, wie dies vom Land fortgesetzt werden kann.

Steiermark springt nicht ein

Nicht einspringen wird das Land Steiermark: Das Schulmonitoring an 27 Standorten läuft zu Ferienbeginn aus. Nach dieser Vorgehensweise sieht es auch im Burgenland aus: Das Land habe keinen Einfluss auf die Durchführung und die Dauer der Monitorings des Bundes, heißt es aus dem Gesundheitsressort. Aus Kärnten war keine Antwort zu bekommen.

In Tirol bedeutet das Ende der Finanzierung durch das Ministerium keine Änderung. Das Land zahlt das Abwassermonitoring seit Ende 2020 selbst und wird dies auch weiterhin tun. 43 Kläranlagen und somit 98 Prozent der Bevölkerung werden regelmäßig auf Corona untersucht.

Von den 43 Kläranlagen wird eine täglich am Institut für Gerichtsmedizin in Innsbruck beprobt, zwölf Anlagen fünfmal pro Woche und 30 Anlagen zweimal pro Woche. Die Daten werden den Fachleuten der Monitoringprogramme des Bundes und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Zudem wird ein Zeitseriendiagramm erstellt, das tagesaktuell die Entwicklungen seit Juli 2021 im direkten Vergleich zwischen Abwassermonitoring und aktiv positiven Personen im Land zeigt.

Unverändert bleibt die Lage auch in Wien: Die Stadt untersuche das Abwasser aus der Kläranlage Simmering unabhängig vom Bund und auf eigene Kosten im Rahmen der "CSI Abwasser", heißt es aus dem Rathaus.

10.189 Neuinfektionen

Bei den aktuell für das Abwassermonitoring in Österreich untersuchten Kläranlagen zeigt sich jedenfalls ein starker Virenanstieg im Abwasser. Von den 121 untersuchten Kläranlagen werden 66 bereits als rot eingestuft – das bedeutet eine hohe Virenlast im Abwasser.

Am Dienstag wurden auch wieder knapp mehr als 10.000 Neuinfektionen verzeichnet. Auf den Normalstationen gab es im Vergleich zum Vortag ein Plus von weiteren 66 Personen, damit benötigten 795 Covid-Infizierte ein Normalbett. Weitgehend stabil bleibt die Situation auf den Intensivstationen: Am Dienstag waren 47 Intensivbetten belegt, damit ist in diesem kritischen Bereich die Auslastung weiterhin in der unteren grünen Zone.

Wird Quarantäne abgeschafft?

Mit dem Anstieg der Fallzahlen nimmt die Zahl der Personen in Absonderung zu. Aktuell sind es rund 100.000. Laut Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) sind zwar ad hoc keine Erleichterungen bei den Quarantäne- und Absonderungsregeln geplant. Es gebe aber Überlegungen in diese Richtung. "Wir bereiten verschiedene Möglichkeiten vor, je nach Virusvariante", sagte Rauch im Ö1-"Mittagsjournal". (Markus Rohrhofer, Stefanie Rachbauer, David Krutzler, Steffen Arora, Stefanie Ruep, 29.6.2022)