Ein finales Händeschütteln. Serena Williams verlor gegen Harmony Tan.

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Zwischendurch jubelte Serena Williams wie in alten Zeiten.

London – Serena Williams hatte schon gejubelt, als hätte sie Wimbledon gewonnen. Auf den Knien, mit beiden Armen in der Luft. Und doch musste sie wenig später auf dem Heiligen Rasen des Centre Courts eine ihrer bittersten Niederlagen einstecken. Nach einem Jahr Pause verlor Williams gegen die französische Außenseiterin Harmony Tan 5:7, 6:1, 6:7 (7:10).

Bei ihrem spektakulären Comeback über 3:11 Stunden lieferte die 23-malige Grand-Slam-Siegerin ein Drama, auf das die Tenniswelt lange hatte verzichten müssen. Und die tapfere Tan, Nummer 115 der Weltrangliste und Debütantin in Wimbledon, spielte mehr als nur eine Nebenrolle.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Williams war über weite Strecken nur ein Schatten der großartigen Tennisspielerin von einst, von der Tan im Siegerinterview noch immer ungläubig sagte: "Ich hatte Angst auf dem Platz. Sie ist solch ein Superstar. Als ich klein war, habe ich sie immer im Fernsehen gesehen. Das ist einfach nur wow!"

Wimbledon

Doch nur ab und an blitzte Williams' Können auf – und immer jubelte das Publikum. Es wollte eine Fortsetzung des Spektakels, das den All England Club seit Tagen in Atem hält. Es wollte Williams zum Sieg peitschen. Doch Tan hielt erfolgreich dagegen. Als der Krimi im Tiebreak seinen Höhepunkt erreichte, behielt sie die Nerven.

Für Williams war es ihr 21. (!) Turnier an der Church Road. Im vergangenen Jahr war sie auf dem Centre Court ausgerutscht und hatte verletzt aufgeben. Doch sie wollte es noch einmal wissen, mit 40 Jahren, einer Tochter, einer Investmentfirma und all den Verpflichtungen, die ein Leben als Superstar in den USA so mit sich bringt. Darunter: Auftritte bei der Oscar-Verleihung oder der Met-Gala.

"Wer weiß, wo ich auftauche?"

Nur Tennis spielte sie nicht mehr, bis kurz vor Wimbledon, als sie in Eastbourne im Doppel zurückkehrte. Dennoch blieben Zweifel an ihrer Form. Tan wusste um die Schwächen bei der Beinarbeit, sie wusste, dass die siebenmalige Wimbledon-Siegerin nicht mehr die alles überragende Spielerin von einst sein kann. Und sie hatte nichts zu verlieren.

Ihre sportliche Zukunft hat Williams offengelassen. Auf die Frage, das ihr letztes Einzelmatch gewesen sei, antwortete Williams: "Ich weiß es nicht. Wer kann das schon wissen? Wer weiß, wo ich auftauche?"

Eventuell bei den US Open (ab 29. August), ihrem Heim-Grand-Slam und dem Ort, an dem sie ihren ersten von 23 Majortiteln gewonnen hat. "Das ist immer etwas sehr Besonderes. Es ist definitiv viel Motivation vorhanden, um besser zu werden und zu Hause zu spielen." (sid, 29.6.2022)