ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz.

Foto: APA / Tobias Steinmaurer

Graz/Wien – ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz hat den Grazer Schriftsteller Paul Decrinis auf Unterlassung und Widerruf geklagt. Laut Decrinis' Rechtsanwalt Thomas Fraiß warf Decrinis dem ORF-Journalisten vor, er verbreite russische Propaganda. Wehrschütz verwies auf STANDARD-Anfrage dazu auf seinen Anwalt.

Update: Klage wegen Marionette Putins und NS-Anspielungen

Wehrschütz' Rechtsanwalt Gerald Ganzger erklärte gegenüber dem STANDARD, es sei die erste derartige Klage von Wehrschütz: "Die Angriffe und Vorwürfe, er wäre eine Marionette von Wladimir Putin und Bezüge zum Nationalsozialismus waren einfach zuviel." Falsche Anschuldigungen seien von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt.

Decrini habe Wehrschütz in seinen Tweets beharrlich mit großem Z – dem russischen Zeichen für den Angriff auf die Ukraine – und mit SS geschrieben – der Abkürzung für militärische und am Holocaust beteiligte NS-Verbände.

Wehrschütz habe sich schon im Interesse des vom Gesetz zur Objektivität verpflichteten ORF wehren müssen, erklärt Ganzger. Der ORF unterstütze seine Klage.

Journalismus sei keine Glaubensfrage, er basiere auf Fakten, sie zu überprüfen sind, zitiert Ganzger den ORF-Journalisten im Gespräch mit dem STANDARD.

Tom, Jerry und Spike

Decrinis Anwalt Fraiß ging per Aussendung zu der Klage und auf Twitter an die Öffentlichkeit. Anlass für Decrinis' Vorwurf war nach seinen Angaben eine Szenenfolge aus "Tom & Jerry", die Wehrschütz laut Screenshot am 26. Februar 2022 auf Twitter verbreitete: Der schlafende Hund Spike wird hier als "Russland" beschriftet. Jerry alias "Nato" zieht dem Hund mit einem Balken eine über und gibt die Tatwaffe Tom weiter – beschriftet als "Ukraine".

Wehrschütz' Kommentar dazu auf Twitter laut Screenshot: "Wenn es nicht so traurig wäre ... Und natürlich ist das keine Rechtfertigung für den Krieg, nur damit das völlig klar ist."

Laut Decrinis' Anwalt motivierten zudem Aussagen und die Wortwahl von Wehrschütz über den russischen Einmarsch, über das ukrainische Narrativ und über die logistische Herausforderung des russischen Angriffs den Schriftsteller zu seiner Kritik auf Twitter.

Im Regen stehen gelassen

Wehrschütz' Anwalt Ganzger betont, sein Mandant habe stets erklärt, es gebe keine Rechtfertigung für diesen Krieg Russlands gegen die Ukraine. Er habe immer kommuniziert, dass es sich um einen Angriffskrieg Russland handle. Wehrschütz habe "kein Anzeichen einer Russland-Freundlichkeit gezeigt", betont Ganzger.

Das von Wehrschütz vertwitterte Tom-&-Jerry-Meme sei keine Schuldzuweisung gewesen. Wehrschütz erkläre den Cartoon so: "Die Nato hat Russland aufgeganselt – und dann die Ukraine im Regen stehen lassen."

Wehrschütz sehe sich durch diese Kritik in seiner Ehre als Journalist verletzt und klage Decrinis auf Unterlassung und Widerruf, erklärte Decrinis' Rechtsanwalt Fraiß. Fraiß kommentiert die Klage so: "Wer so ein Tom-&-Jerry-Meme öffentlich teilt und keine klaren Worte zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine findet, wird sich die Kritik, dass er damit russische Propaganda verbreitet, gefallen lassen müssen."

Ganzger verweist auf die Schwere der Anschuldigungen "ohne Substrat", die Wehrschütz nach reiflichen Überlegungen dazu gebracht hätten, zu klagen.

Die erste Verhandlung dazu findet laut Fraiß am Donnerstag kommender Woche am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz statt. (fid, 29.6.2022)