Im Gastblog stellt Anlageberater Bernhard Führer angesichts des Falles von Bernard Madoff die Frage, wie ähnliche Finanzskandale vermieden werden können.

Ohne Frage stellt der Skandal rund um Bernard "Bernie" Madoff eines der größten Ponzi-Systeme dar, die es je gegeben hat. Bei Ponzi-Systemen, manchmal auch als Schneeballsystem bezeichnet, handelt es sich um eine Betrugsmasche, bei der die Anzahl der Teilnehmenden überdurchschnittlich steigen muss, um nicht zu kollabieren. Mit den Beiträgen neuer Einsteiger und Einsteigerinnen werden die Gewinnausschüttungen jener Personen, die bereits investiert haben, gedeckt.

Bernie Madoff war Anlagebetrüger, der mit solch einem System erheblichen Schaden für seine Klienten und Klientinnen verursachte. Die meisten Geldgebenden prüften das Unternehmen Madoffs nicht, bevor sie investierten. Davon blieben auch internationale und österreichische Institute nicht verschont.

Im Zuge der Finanzkrise von 2008 kamen die Machenschaften von Madoff ans Licht, und Millionen konnten nie wieder an die berechtigten Eigentümer und Eigentümerinnen zurückgezahlt werden. So unliebsam diese Entwicklungen für die Leidtragenden auch gewesen sind, halten sie dennoch einige lehrreiche Lektionen parat.

Lektionen für das Anlegen und Investieren

Es sind mehrere Vorkehrungen zu treffen, damit Anleger und Anlegerinnen nicht selbst Opfer dieser Ponzi-Systeme werden. Eine dieser Lektionen ist, dass stets die Verwaltungsebene, auf der die Anlageentscheidungen fallen, strikt von der Verwahrungsebene getrennt werden sollte. Gegen diesen Trennungsgrundsatz wurde im Falle Madoff verstoßen – sehr zum Leidwesen der geldgebenden Personen. Wohlhabende Kunden, aber auch Stiftungen wurden um ihr Erspartes gebracht. Anders als man glauben möge, sind solche Machenschaften gar nicht so selten anzutreffen. Umso wichtiger ist es, entsprechende Kontrollen diesbezüglich durchzuführen.

Um betrügerische Strukturen zu vermeiden, sollte Anleger und Anlegerinnen immer darauf achten, dass die Verwaltung ihres Geldes strikt von dessen Verwahrung getrennt ist.
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Auf den ersten Blick machte das Unternehmen von Madoff einen seriösen Eindruck, galt der Chef der Nasdaq-Börse doch als aufrichtiger und vertrauenswürdiger Manager, der stets Spenden für wohltätige Zwecke zur Verfügung stellte.

Bei genauerem Hinsehen wäre aufgefallen, dass aufgrund von bereits erläuterten Sachverhalten etwas nicht stimmen konnte. Dabei war dies gar nicht so schwer: Einige Jahre vor Auffliegen der dubiosen Geschäfte meldete sich ein Whistleblower bei der US-Börsenaufsichtsbehörde und wies auf Missstände hin. Aufgrund der Größe des Unternehmens von Madoff hätten massive Transaktionen an den Börsen stattfinden sollen – dies war aber nicht der Fall. Keiner wusste, wer auf der anderen Seite seiner Transaktionen stand. Es konnte jedoch auch die Aufsicht nicht glauben, dass solch eine prominente Persönlichkeit wie Madoff eine Firma derart in den Sand setzen würde.

Ein weiterer Faktor war, dass Madoffs Vermögensverwaltungsfirma stetig konstante Renditen erzielte, unabhängig davon, ob der Markt in seiner Gesamtheit gestiegen oder gefallen war. Diese Resultate hätten nur erzielt werden können, wenn man genau zum Tief gekauft und zum Hoch verkauft hätte. Das wäre jedoch beispiellos in der Finanzwelt gewesen. Taktische Strategien, Absolute-Return-Strategien – diesbezüglich gibt es eine Vielzahl von Begrifflichkeiten – oder kontinuierliche Renditen mit geringer Volatilität mögen sich gut verkaufen, aber langfristig können sie Anlegern und Anlegerinnen mehr Schaden als Nutzen erbringen.

Ebenso hätten genauere Kontrollen zutage gebracht, dass seine Fonds lediglich mangelhaft externen Überprüfungen unterzogen wurden. So wurden diese Agenden an Familienangehörige von Madoff ausgelagert. Und auch die verpflichtende Prüfung durch eine Prüfungsgesellschaft wies Unvollkommenheiten auf. Obwohl die Gesellschaft von Madoff mehrere Milliarden Dollar verwaltete (oder besser, dies zumindest vorgab), wurde diese lediglich von einer kleinen Prüfungsgesellschaft geprüft und nicht von einer etablierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Bernard Madoff war für eines der größten Schneeballsysteme, die es je gegeben hat, verantwortlich.
Foto: AP Photo/ Louis Lanzano

Einer der wichtigsten Punkte jedoch, wo man hätte stutzig werden sollen, betrifft die bereits erläuterte Tatsache, dass die Verwaltungsebene, auf der die Anlageentscheidungen fielen, nicht von der Verwahrungsebene getrennt war. Dieses Trennungsprinzip gilt es stets zu beachten, sollen unliebsame Überraschungen vermieden werden. Eine einfache Überprüfung hätte ergeben, dass es sich um ein Ponzi-Schema handelt und Anleger und Investoren auf betrügerische Weise geschädigt werden. Sein Unternehmen legte die Fonds so auf, dass Management, Verwaltung und Verwahrung des gesamten Vermögens bei ein und derselben Person lagen. Der Manager verfügte folglich ohne jede Kontrolle gänzlich über das Vermögen. Gegenseitige Kontrollen entfallen dadurch, weshalb die gewählte Konstellation anfällig für Betrug ist. Erst deshalb konnte es zu risikoerhöhenden Umständen und betrügerischen Malversationen für die nun geschädigten Personen und Institutionen kommen.

Finanzinstitutionen rochen den "stinkenden Fisch"

Bei Bernie Madoffs Fall ist es auch erstaunlich, wie viele renommierte – auch österreichische – Institutionen direkt oder indirekt involviert waren. Eine Reihe von den Bankern und Bankerinnen war sich der Risiken bewusst, manche setzten Madoff gar auf eine schwarze Liste oder verboten es, mit ihm zu handeln. Dies stand auch damit in Verbindung, dass Madoff es gänzlich unterließ, jeglichen Sorgfaltspflichten und Due-Diligence-Prüfungen nachzukommen.

Und obwohl einige Banken es nicht erlaubten, selbst in die Fonds zu investieren, ließen sie es über Umwege durch sogenannte Feeder Funds für ihre Kunden zu. So hatten die Banken selbst keine Risiken zu tragen, obwohl sie um die Risiken Madoffs Bescheid wussten. Sehr zum Leidwesen ihrer Klienten und Klientinnen, wie sich später offenbaren sollte. (Bernhard Führer, 5.7.2022)