Klaus Stöhr fackelt nicht lange herum. "Notwendig sind einschränkende Maßnahmen dann, wenn das Allgemeinwohl gefährdet ist. Doch das ist aktuell bei Corona nicht mehr der Fall", sagt der deutsche Epidemiologe Stöhr, der für den Bundestag die Corona-Politik der vergangenen Jahre evaluiert. "Die Infektion des Einzelnen ist möglich, die schwere Erkrankung des Einzelnen ist möglich." Aber da Corona inzwischen vergleichbar gefährlich wie die Influenza ist, Long Covid kein größeres Problem als Long Influenza darstellt und sich Infektionen sowieso nicht verhindern lassen, seien Maßnahmen sinnlos.

Kein Wunder angesichts der Aussagen, dass die soeben ausgeschiedene Wiener Patientinnenanwältin Sigrid Pilz im Videotalk "STANDARD mitreden" heftig widersprach: "Menschen, die sich nicht selbst schützen können, gehören geschützt", sagte Pilz – Stöhr verharmlose die Bedrohung. Infektionen zu verhindern müsse Ziel bleiben.

Zu Gast beim Streitgespräch waren auch der Epidemiologe Gerald Gartlehner und Sylvia Kritzinger, eine der Leiterinnen des Austrian Corona Panel Project, in dessen Rahmen regelmäßig Bürgerinnen und Bürger zur Pandemiepolitik befragt wurden.

Gartlehner: Ende der Quarantäne wäre hilfreich

Kaum ein Aspekt der Pandemiepolitik war in der Runde nicht umstritten. Gartlehner erklärt, warum er denkt, dass ein Ende der Quarantänepflicht für Positiv-Getestete die Infektionen nicht weiter befeuern würde. Warum er dafür plädiert, im Wesentlichen nur noch Vulnerable zu testen? Die Antworten gibt es im Video. Sehen Sie außerdem: Sigrid Pilz skizziert, welche Schutzmaßnahmen sie jetzt fordert, sie und Stöhr liefern sich einen spannende Schlagabtausch darüber, wie gefährdet Kinder sind. Die Expertinnen und Experten diskutieren, welche Maßnahmen im Herbst wir vielleicht noch brauchen – und welche keinesfalls. (Video: Gerald Zagler, 3.7.2022)