Besonders betroffen: die Gemeinde Treffen beim Ossiacher See. Meterhohe Geröllmassen haben sich in der Nacht durch den Ort gewälzt.

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Der Bezirk Villach-Land war von schweren Murenabgängen betroffen

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Nahezu alle 15 Gemeinden wurden vom Unwetter schwer beschädigt.

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Ganze Straßen und Brücken wurden weggerissen.

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Autos und ein Wohnwagen wurden kilometerweit mitgerissen.

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Die Orte wurden schwer verwüstet.

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Ortschaften wurden oft meterhoch überflutet.

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"Es tröpfelt schon wieder, wir schauen mit sorgenvoller Miene in den Himmel, es ist nämlich die nächste Gewitterzelle im Anrollen", warnt Bernd Riepan im Gespräch mit dem STANDARD.

Der Bezirkshauptmann von Villach-Land ist seit den frühen Morgenstunden am Mittwoch unterwegs, um die Aufräumarbeiten und Notversorgungen nach den katastrophalen, tödlichen Unwettern zu koordinieren. Aber eben mit der Angst, dass es in einigen Stunden noch einmal losgehen könnte.

Schwere Gewitter waren in der Nacht auf Mittwoch von Slowenien und Italien nach Österreich gezogen und haben hier konzentriert im Raum Villach-Land schwere Verwüstungen angerichtet – und bereits ein Leben gefordert. Ein Mann konnte nur noch tot aus den Geröllmassen geborgen werden.

DER STANDARD | APA/mhr

"Die Gewitter brachten in nur drei bis vier Stunden in Flattnitz, in den Gurktaler Alpen, 93 Liter Regen pro Quadratmeter. In Villach waren es 97 Liter und in Arriach, in den Nockbergen, sogar 118 Liter pro Quadratmeter. Damit hat es hier in nur wenigen Stunden so viel geregnet wie in einem durchschnittlichen gesamten Juni", sagt Gerhard Hohenwarter von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Seit Messbeginn der jeweiligen Wetterstation habe es "noch nie" dermaßen große Regenmengen in so kurzer Zeit gegeben.

Die Auswirkungen der Blitzgewitter waren verheerend: Bäche traten über die Ufer, Muren gingen ab und verschütteten die Häuser teils bis zum ersten Stock.

Im Zentrum der Unwetter stand das Gegendtal. Die von Hohenwarter erwähnte Ortschaft Arriach sowie der 4.500-Einwohner-Ort Treffen beim Ossiacher See hat es am härtesten getroffen.

Noch in der Nacht wurden Zivilschutzwarnungen ausgegeben und die Bewohner aufgefordert, in den Häusern zu bleiben – außerhalb herrsche Lebensgefahr.

Todesopfer

In Treffen traten die Bäche über die Ufer, meterhohe Schlamm- und Gerölllawinen wälzten sich durch den Ort. Zwei Personen wurden in der Früh vermisst.

Ein Mann, nach dem auch Spürhunde gesucht hatten, wurde schließlich tot geborgen, sagt Riepan. Der 82-Jährige war von den Schlamm- und Geröllmassen mitgerissen und getötet worden. Ein zweiter Bewohner, nach dem mit einem Polizeihubschrauber gesucht worden war, konnte lebend geborgen werden. Der Mann hatte gegen vier Uhr Früh noch selbst die Landesalarmzentrale angerufen. Er bat um Hilfe, da er zwischen Muren eingeklemmt sei. Er wurde mit dem Hubschrauber aus dem Gefahrenbereich geflogen, teilte eine Behördensprecherin mit.

Entdeckt wurde am Nachmittag ein auf dem Dach liegendes Auto im Wasser. "Aber wir kommen momentan nicht hin", sagt Riepan. Später wurde Entwarnung gegeben. Der vermisste Mann wurde lebend aufgefunden.

Neun Bewohnerinnen und Bewohner des Orts wurden zuvor bereits ausgeflogen, zwei Bundesheerkompanien, Wasserrettung, Bergrettung, 19 Rot-Kreuz-Mitarbeiter, 30 Feuerwehren und Polizeieinheiten waren hier im Einsatz.

Im höher gelegenen Arriach rissen die Wassermassen die Ortsstraßen weg, die Gemeinde war lange Zeit von der Umwelt abgeschnitten.

Die Trinkwasserversorgung brach teilweise zusammen. "Wir haben jetzt Trinkwasser in Treffen eingebunkert. Das Problem ist allerdings, es zu den Eingeschlossenen zu bringen. Das funktioniert momentan nur über den Luftweg. Wir versuchen mit schwerem Gerät die Wege freizubekommen, was enorm schwierig ist", sagt Riepan. Es werde Monate, wenn nicht ein Jahr brauchen, um die völlig zerstörten Straßen wiederherzustellen. Zurzeit sei der Bau einer Notstraße nach Arriach geplant.

Das Areal hier sei "riesengroß", wie viele Menschen tatsächlich betroffen seien, lasse sich noch immer nicht exakt beziffern.

Beeinträchtigt in der Region war auch die Stromversorgung. Rund 7.500 Haushalte rund um Villach waren Mittwochvormittag noch ohne elektrische Energie.

Alarm auch im Lungau

Auch im Salzburger Lungau ist am Mittwoch Zivilschutzalarm ausgelöst worden. In Tamsweg führte der Leißnitzbach Hochwasser.

Die Bevölkerung wurde aufgefordert, in den Häusern zu bleiben, sich von den Ufern und Brücken fernzuhalten. Bereits am Dienstagabend traten Bäche im Lungau über die Ufer, und kleine Muren gingen auf Straßen ab. Bei den Aufräumarbeiten in Ramingstein ist ein Feuerwehrauto verunglückt. Sechs Feuerwehrleute wurden verletzt, zwei davon schwer. (Walter Müller, Stefanie Ruep, 30.6.2022)