Die Tour de France sorgt bereits für Aufregung vor dem Start.

Foto: EPA/Sabroe

Razzia vor dem Start der Tour de France: Das Hotel des Teams Bahrain Victorious ist am frühen Donnerstagmorgen von dänischen Beamten durchsucht worden. Die Polizei in Kopenhagen handelte im Auftrag der französischen Staatsanwaltschaft, die seit der Tour 2021 wegen Dopingverdachts gegen die Equipe ermittelt.

Bei der zweistündigen Untersuchung wurden ab 5.30 Uhr alle Fahrzeuge des Teams sowie die Zimmer des Personals und der Fahrer durchsucht. Es seien keine Gegenstände beschlagnahmt worden, teilte das Team mit. Man sei allen Aufforderungen der Beamten nachgekommen, zudem werde man sich zu diesem Thema nicht weiter äußern.

Bereits am Montag waren in verschiedenen Ländern die Wohnungen mehrerer Teammitglieder durchsucht worden. Bahrain hatte damals erklärt, dass die seit fast einem Jahr laufenden Ermittlungen "zu keinem Ergebnis geführt" hätten. Der Zeitpunkt dieser Untersuchung ziele darauf ab, "den Ruf des Teams absichtlich zu schädigen."

Muskelentspannungsmedikament

Zudem kritisierte das Team, über den Fortgang und die Ergebnisse der Ermittlungen nicht informiert zu werden und keine Rückmeldung darüber zu erhalten. "Bahrain Victorious hat wiederholt um Akteneinsicht oder Kenntnisnahme über den Stand der Ermittlungen gebeten, jedoch ohne Erfolg", hieß es in einem Statement.

Schon bei der Tour 2021 war es zu einer Razzia im Teamhotel in Pau gekommen. Wie die Staatsanwaltschaft Marseille damals mitteilte, sei eine Voruntersuchung wegen des möglichen "Erwerbs, des Transports, des Besitzes und der Einfuhr einer verbotenen Substanz oder Methode zur Verwendung durch einen Athleten ohne medizinische Rechtfertigung" eingeleitet worden.

Im Oktober sickerte durch, dass in den Haaranalysen mehrerer Fahrer Spuren von Tizanidin gefunden worden waren, einem starken Muskelrelaxans, das gegen multiple Sklerose eingesetzt wird. Tizanidin steht nicht auf der Liste verbotener Substanzen. Die Identitäten der Fahrer wurden nicht bekannt. Das Team bestritt, über die Untersuchungen informiert worden zu sein.

Einen Tag nach der Razzia in Pau gewann der Slowene Matej Mohoric die 19. Etappe nach Libourne. Bei der Zieleinfahrt hielt er sich den Zeigefinger in einer "Schweigegeste" vor den Mund – eine Aktion, die stark an Lance Armstrong erinnerte. Mohoric steht auch in diesem Jahr im Aufgebot von Bahrain Victorious.

Corona fährt mit

Corona-Fälle haben indes mehrere Teams bereits vor Rennstart zu kurzfristigen Wechseln gezwungen. Deshalb fehlten bei der Mannschaftspräsentation am Mittwochabend in Kopenhagen vor tausenden Schaulustigen einzelne Fahrer, die wegen positiver Tests nicht starten können bzw. deren Ersatzleute noch nicht nachgereist waren. Große Namen oder Österreicher waren nicht darunter.

Seit Wochenbeginn hatte es bei den vorgeschriebenen Tests einige Positivfälle unter Fahrern und Betreuern gegeben. Es erwischte es auch das UAE-Team von Titelverteidiger Tadej Pogacar, das am Donnerstag Matteo Trentin durch Marc Hirschi ersetzen musste. Auch die Mannschaften AG2R, Astana, Israel und Quickstep waren von kurzfristigen Ausfällen betroffen. Aufgrund der Häufung und der europaweit gelockerten Hygieneregeln ist im Laufe der dreiwöchigen Tour mit weiteren Covid-Befunden zu rechnen.

Trotz zahlreicher Fälle auch schon in den vergangene Wochen hat der Weltverband (UCI) die Corona-Regeln vor der Tour aufgeweicht. Neben dem Umstieg von PCR- auf Antigen-Schnelltests als Teilnahmekriterium entfällt auch die Regel, dass ein Rennstall bei zwei positiv getesteten Fahrern gänzlich aus dem Rennen genommen wird.

Ausnahmeregelung

Ein positiver Schnelltest muss durch einen PCR bestätigt werden, bedeutet aber nicht zwangsläufig – auch das ist neu – das Aus für die Tour. In Ausnahmefällen können der Chefarzt der UCI sowie der zuständige Tour-Arzt sogar beschließen, dass ein Fahrer weiterfahren darf. Dafür muss aber gegeben sein, dass die infizierte Person nicht ansteckend ist und das Virus übertragen kann.

Von dieser Regelung profitierte Bob Jungels. Der Luxemburger darf auch nach zwei positiven PCR-Tests – mit jedoch nur geringer Viruslast – antreten, wie sein AG2R-Team am Donnerstag mitteilte. Nicht so Daryl Impey, der Tour-de-Suisse-Etappensieger muss covid-positiv, aber symptomlos passen. Das gab der Südafrikaner aus dem Rennstall Israel-Cycling auf seinen Social-Media-Kanälen enttäuscht bekannt. (sid, APA, red, 30.6.2022)