Der US-Sänger R. Kelly muss für 30 Jahre in Gefängnis. Vorerst. Der nächste Prozess wartet schon.

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Der einstige R-'n'-B-Star R. Kelly ist in einem Missbrauchsprozess zu 30 Jahren verurteilt worden. Der Schuldspruch war letzten September erfolgt, das Strafausmaß wurde am Mittwoch verkündet. Damit übererfüllte das Gericht die von der Staatsanwaltschaft geforderten 25 Jahre, Kellys Verteidigung forderte ihrerseits weniger als zehn Jahre Haft.

Mit dem Schuldspruch war für das Gericht erwiesen, dass der 55-Jährige über Jahrzehnte hinweg junge Frauen systematisch missbraucht hat. Schon in den 1990ern fiel er diesbezüglich erstmals auf. Der damals 27-Jährige heiratete die erst 15-jährige Sängerin Aaliyah (1979–2001); schon in den beiden Jahren zuvor soll er mit ihr sexuelle Kontakte gehabt haben. Ihre Eltern ließen die illegal geschlossene Ehe annullieren.

Vor 20 Jahren tauchte in der Redaktion einer Chicagoer Zeitung ein Video auf, das den Sänger angeblich bei der Unzucht mit der minderjährigen Tochter eines ehemaligen Mitarbeiters zeigt; der Karriere des Sängers, der mit I Believe I Can Fly 1996 seinen größten Hit hatte, schadete das kaum. Im selben Jahr wurde er wegen Kinderpornografie angeklagt, 2008 in allen Punkten freigesprochen. In den folgenden Jahren tauchten immer wieder einschlägige Vorwürfe auf, R. Kelly tat sie stets als erfunden ab.

Sechsteilige Doku-Serie

2019 strahlte der US-Sender Lifetime die sechsteilige Dokuserie Surviving R. Kelly aus. Darin berichten betroffene Frauen von Übergriffen und Missbräuchen, denen sie seitens R. Kellys ausgesetzt waren. Im selben Jahr wurde er inhaftiert. Sein Fall gilt neben jenem des Filmproduzenten Harvey Weinstein als der prominenteste MeToo-Fall im Showbusiness. Die Staatsanwaltschaft warf dem Musiker sexuelle Ausbeutung Minderjähriger, Entführung, Zwangsarbeit, Bestechung und Sexhandel vor.

Ihren Beweisen nach unterhielt Kelly ein Netzwerk von Handlangern, um junge Frauen zu rekrutieren, denen er Unterstützung bei ihren Karrieren versprochen haben soll. Während des sechs Wochen dauernden Prozesses bestätigten Zeuginnen, von Kelly vergewaltigt, geschlagen und beim Sex gefilmt worden zu sein.

Die Verteidigung führte ins Treffen, dass der 1967 als Robert Sylvester Kelly geborene Sänger in einer desolaten Familie selbst Missbrauch erfahren musste. Das Strafausmaß wurde damit begründet, dass von Kelly anhaltend Gefahr ausgehen würde. Das war aber nicht sein letzter Prozess: In Illinois wird ihm jetzt wegen Kinderpornografie, Missbrauchs und Behinderung der Justiz der Prozess gemacht. (flu, 30.6.2022)