Deftig und reichlich muss es sein – so werden Handwerker auf dem Land versorgt.

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Da, wo ich herkomme, ist es ganz selbstverständlich: Wer Handwerker im Haus hat, verköstigt sie auch. Punkt. Wer aber denkt, mit einem Mittagessen wär die Sache erledigt, der irrt. Denn die Herren – selten sind es Damen – bekommen vormittags eine Jause, mittags ein deftiges, natürlich fleischlastiges Mahl und danach noch Kaffee und Kuchen. Und wenn die Arbeiten sich ziehen, gibt es selbstverständlich zum Feierabend auch noch eine Brettljause.

Das Bewirten nimmt oft solche Ausmaße an, dass die Dame des Hauses – selten ist es der Herr – sich Urlaub nimmt, um die Handwerker zu bekochen. Tageweise ist das auch machbar, kritisch wird die Sache bei größeren Baustellen, etwa einem Hausbau. Für eine ganze Mannschaft über Wochen zu kochen geht auch ins Geld.

Aber muss das wirklich sein? In anderen Branchen kochen schließlich auch nicht die Kunden das Essen. Ganz zu schweigen von den Hacklern auf Großbaustellen.

Veraltete Rollenbilder

Woher kommt also der nicht mehr ganz so zeitgemäße Brauch? Und das oftmalige Unverständnis, wenn Auftraggeber sich "schlecht" um ihre Arbeiter kümmern und nicht einmal einen Kaffee servieren? Auf dem Land liegt es vermutlich an der Tatsache, dass der nächste Supermarkt mitunter 15 Minuten Autofahrt entfernt ist, ebenso wie das nächste Wirtshaus. Auch völlig veraltete Rollenbilder könnten ein Grund sein: Die Frau ist ohnehin daheim und kocht, somit auch gleich für die Handwerker mit.

Doch mal abgesehen vom gesellschaftlichen Zwang, gute Bewirtung hebt auf jeden Fall die Arbeitsmoral, erzählte mir unlängst ein ehemaliger Landschaftsgärtner. Nun gut, dann also doch kochen und backen – zumindest auf dem Land. In der Stadt habe ich einst einem Installateur ein Stück Kuchen angeboten und wurde nur verdutzt angeschaut. (Bernadette Redl, 1.7.2022)