Margit Kraker wäre regulär noch bis 2028 im Amt.

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Wien – Der Rechnungshof (RH) soll mit der Reform des Parteiengesetzes mehr Befugnisse bekommen, so lautet der Plan der türkis-grünen Bundesregierung. SPÖ oder FPÖ müssen dem zustimmen – und ihre gemeinsame Bedingung dafür ist, dass die Präsidentin oder der Präsident des RH mit Zweidrittelmehrheit statt wie bisher mit einfacher Mehrheit im Nationalrat gewählt wird.

Diese Forderung habe man erfüllt, heißt es in der Koalition. In einer Verhandlungsrunde am Donnerstag ist die Sozialdemokratie aber mit einer neuen Bedingung vorgeprescht: Weil die aktuelle RH-Präsidentin Margit Kraker diese erweiterte Legitimation für ihre neuen Befugnisse nicht hat, soll sie abgesetzt und gegebenenfalls neu gewählt werden. Dann eben mit Zweidrittelmehrheit. Regulär wäre Kraker, die seit 2016 RH-Chefin ist, noch bis 2028 im Amt.

Maurer: SP will Gesetz grundsätzlich verhindern

ÖVP, Grüne und Neos versetzt das in helle Aufregung: Für ÖVP-Verhandler Andreas Ottenschläger ist "vollkommen unverständlich, warum die SPÖ nun auf einem Vorschlag beharrt, der dazu führt, dass die amtierende Rechnungshof-Präsidentin abgesetzt wird". Aus Sicht der grünen Klubchefin Sigrid Maurer mache die neue Bedingung deutlich, dass die SPÖ "das Gesetz für gläserne Parteikassen grundsätzlich verhindern will".

Der pinke Vize-Klubchef Nikolaus Scherak schreibt auf Twitter: "Da stemmt sich die Präsidentin des Rechnungshofes mit aller Kraft gegen Korruption, Parteienfilz, illegale Parteienfinanzierung und kämpft für transparente Parteikassen ... und was ist die Bedingung der SPÖ für ein neues Parteiengesetz? Die Abwahl der Rechnungshofpräsidentin!!!" Die FPÖ war bei der Sitzung nicht vertreten.

Leichtfried: Kein Misstrauen gegenüber Kraker

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried zeigt sich im Gespräch mit dem STANDARD verwundert über die Aufgebrachtheit der anderen Parteien. Dass die Sozialdemokratie Margit Kraker absetzen wolle, sei jedenfalls "ein Unfug". Leichtfried: "Unsere Position ist, dass man gleichzeitig mit dieser Kompetenzerweiterung auch die Legitimation der Präsidentin erweitern müsste." Damit ginge die Absetzung und Wiederwahl Krakers allerdings klarerweise einher. Aber Leichtfried sagt: "Das ist natürlich kein Ausdruck des Misstrauens gegenüber Margit Kraker."

Für eine Wiederbewerbung Krakers müsste freilich eigens eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden: Denn RH-Präsidentinnen und RH-Präsidenten können gesetzlich immer nur für eine zwölfjährige Periode gewählt werden, eine Wiederbestellung ist ausgeschlossen – das wäre auch im aktuellen Gesetzesentwurf nicht anders. Damit sich Kraker wieder bewerben könnte, müsste also ein auf sie zugeschnittener Passus eingefügt werden.

Und Kraker selbst? "Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker geht davon aus, dass ihre Funktionsperiode – wie in der Verfassung vorgesehen – zwölf Jahre beträgt. Für andere Überlegungen besteht kein Anlass", gab ein Sprecher der Institution am Donnerstagabend bekannt. (Sebastian Fellner, 30.6.2022)