Der frühere Kurz-Vertraute Gerald Fleischmann zeigte sich nicht besonders auskunftsfreudig, zum Ärger von Opposition und Verfahrensrichterin.

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Zwei Szenen stehen exemplarisch dafür, wie der U-Ausschuss am Donnerstag ablief. Da wäre erstens das Rätselraten über die Abkürzung "BEV". Sie fand sich auf einer Folie des Umfrageinstituts Demox wieder, das von den Befragten wissen wollte: "Was stört Sie an Sigrid Maurer?"

Auftraggeber der im April 2020 durchgeführten Umfrage war auch das Wirtschaftsministerium, erkennbar am Kürzel "BMDW" (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort). Aber wofür stand daneben "BEV"? Die Opposition glaubte, das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen sei gemeint; die ÖVP dachte das zunächst auch, schloss das dann aber aus und gab an, sie selbst habe die Studie beauftragt. Also zumindest Teile davon: jene, in denen es um Parteipolitik und die Beliebtheit von Klubobleuten wie Maurer (Grüne) gegangen sei.

Paul U., erste Auskunftsperson und Geschäftsführer von Demox, lieferte eine ganz andere Erklärung: Das "BEV" könnte für "Bevölkerung" stehen. Bei anderen Umfragen fand sich das übrigens nicht, dort stand dann etwa "BMLV"; also Bundesamt für Landesverteidigung.

Prinzipiell handle es sich um eine "Omnibus"-Befragung, so U., bei der Fragen mehrerer Auftraggeber in einem Schwung abgefragt werden, um Kosten zu sparen.

Die Krux mit den Umfragen

Das glaubt wiederum die Opposition nicht. Sie denkt, türkise Ministerien hätten dem Institut ihres Parteifreunds – U. war einst Bauernbunddirektor in Wien – Aufträge zugeschanzt, um auch parteipolitische Abfragen zu tätigen. Das sei jenes System, mit dem man "Steuergeld zu ÖVP-Geld" mache, kommentierte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer.

Er vermutet, dass die Volkspartei mittels Ministerien und eigenen Umfragen einen Datenschatz sammelte, den sie dann für Wahlkämpfe und populäre politische Entscheidungen nutzte. Die Causa Beinschab rund um parteipolitisch motivierte Umfragen im Finanzministerium sei demnach nur ein Puzzlestück und keineswegs das ganze Bild.

Einer der Beschuldigten in den Beinschab-Ermittlungen ist Gerald Fleischmann, der jahrelang für Sebastian Kurz kommunizierte. Fleischmann wird vorgeworfen, bei den Beinschab-Umfragen mitgemischt zu haben – im Wissen, dass die Beauftragung durch das Finanzministerium rechtswidrig sei. Er bestreitet das, es gilt die Unschuldsvermutung.

Mühselige Befragung

Fleischmann nahm am Nachmittag vor den Abgeordneten Platz – und es dauerte nicht lange, bis die Sitzung hitzig wurde. Das ist die zweite Szene, die zeigt, wie der U-Ausschuss derzeit abläuft: Krainer fragte Fleischmann gleich in der ersten Fragerunde, ob der als Mitarbeiter des ÖVP-Klubs Zugang zu Unterlagen des U-Ausschusses habe oder mit Kolleginnen und Kollegen über solche gesprochen habe.

Das wollte Fleischmann nicht beantworten, weil es aus seiner Sicht nicht Teil des Untersuchungsgegenstands sei. Verfahrensrichterin Christa Edwards sah das anders, daraufhin wollte sich Fleischmann entschlagen, um sich nicht selbst zu belasten – denn er habe Angst vor Ermittlungen wegen falscher Beweisaussage. Nach Urgieren der Verfahrensrichterin landete Fleischmann letztlich bei einem "Ich weiß es nicht."

Damit gab sich Krainer aber nicht zufrieden: Ob Fleischmann je mit Wolfgang Sobotka, der pünktlich zu Fleischmanns Befragung den U-Ausschuss-Vorsitz übernommen hatte, über die parlamentarische Untersuchung gesprochen habe?

Auch da wand sich der Kommunikationsprofi, zum Ärger der Verfahrensrichterin. Sobotka rief schließlich zur Stehung, danach war klar: Fleischmann muss antworten. Der meinte, allgemein habe er sicher mit Sobotka über den U-Ausschuss gesprochen, aber über nichts Geheimes. Um dahin zu gelangen, dauerte es 45 Minuten – auch so vergeht wertvolle Zeit im U-Ausschuss.

Mit fortschreitender Stunde wurde sogar Sobotka immer harscher gegenüber Fleischmann, weil der teils sogar Antworten auf einfache Fragen verweigerte – weshalb die FPÖ immer wieder eine Beugestrafe ins Spiel brachte. Das erweckte teils den Eindruck, als würde Fleischmann sein gesamtes Wirken in der Zeit mit Kurz als potenziell zum Nachteil für ihn in den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erachten. Zu guter Letzt wurde auch noch Fleischmanns Vertrauenperson Klaus Ainedter aus dem Saal geworfen, weil er sich aus Sicht der Mehrheit nicht an die Verfahrensregeln gehalten hat. In zwei Wochen wird der Ausschuss fortgesetzt, dann mit Vorsitzendem Sobotka als Auskunftsperson. (fsc, jan, 30.6.2022)