Lisa Paus (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz präsentierten am Donnerstag die Eckpunktepapiers zum Selbstbestimmungsgesetz.

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Berlin – Jeder Mensch in Deutschland soll sein Geschlecht und seinen Vornamen künftig selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können. Das sieht ein am Donnerstag in Berlin vorgestelltes Konzept für ein sogenanntes "Selbstbestimmungsgesetz" vor. Es soll das Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980 ersetzen, das von Kritiker:innen als unzeitgemäß und diskriminierend empfunden wird. Dabei sind auch Strafen für die Offenlegung des früheren Geschlechts vorgesehen.

Wenn die Neuregelung so wie geplant umgesetzt wird, ist bei der Frage des Geschlechtseintrags und der Vornamen künftig unerheblich, ob es sich um einen transgeschlechtlichen, nicht-binären oder intergeschlechtlichen Menschen handelt. Gutachten zur sexuellen Identität oder ein ärztliches Attest sollen als Voraussetzung für eine Änderung nicht mehr verlangt werden.

"Zwangs-Coming-out" sollen verhindert werden

Transmenschen fühlen sich ihrem körperlichen Geschlecht nicht zugehörig und wollen als Personen des anderen Geschlechts leben. Inter-Menschen sind Personen, deren körperliche Geschlechtsmerkmale aufgrund genetischer, hormoneller oder anderer Entwicklungsstörungen nicht vollständig bzw. funktionsfähig ausgebildet sind. Als nicht-binär bezeichnet man Menschen, die angeben, sich weder als Frau, noch als Mann zu fühlen.

Für Minderjährige bis 14 Jahre sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung beim Standesamt abgeben. Jugendliche ab 14 Jahren sollen die Erklärung selbst abgeben können, allerdings mit Zustimmung der Eltern. Zu möglichen strittigen Fällen für die Gruppe der Minderjährigen ab 14 Jahre heißt es in dem von den beiden Ministerien formulierten Eckpunkte-Papier: "Um die Persönlichkeitsrechte der jungen Menschen zu wahren, kann das Familiengericht in den Fällen, in denen die Sorgeberechtigten nicht zustimmen, orientiert am Kindeswohl – wie auch in anderen Konstellationen im Familienrecht – die Entscheidung der Eltern auf Antrag des Minderjährigen ersetzen."

Die Eckpunkte sehen auch ein "bußgeldbewehrtes Offenbarungsverbot" vor, wie Paus ausführte. Damit soll es untersagt werden, Angaben über die frühere Geschlechtsidentität oder den früheren Vornamen eines Menschen zu veröffentlichen, wenn dieser das nicht will. Es gehe darum, ein "Zwangs-Coming-out" zu verhindern, sagte Paus.

Betrifft nicht geschlechtsanpassende Maßnahmen

Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wiesen ausdrücklich darauf hin, ihr geplantes Gesetz werde keine Festlegung zu der Frage etwaiger körperlicher geschlechtsanpassender Maßnahmen enthalten. Solche Maßnahmen würden weiterhin auf Grundlage fachmedizinischer Regelungen entschieden. "Das Transsexuellengesetz stammt aus dem Jahr 1980 und ist für die Betroffenen entwürdigend", sagte Paus. Buschmann sagte: "Das geltende Recht behandelt die betreffenden Personen wie Kranke. Dafür gibt es keine Rechtfertigung."

Bisher ist vorgeschrieben, dass Betroffene für eine Änderung des Geschlechts- oder Vornamenseintrags zwei psychologische Gutachten einreichen müssen. Am Ende entscheidet dann das zuständige Amtsgericht. Das Verfahren gilt als langwierig und teuer. (APA/dpa, 1.7.2022)