Bevor ein Bissen den Magen erreicht, wird die Insulinproduktion angeregt.
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Es kann der Duft eines würzigen Currys sein oder die wortwörtliche Aussicht auf ein süßes Frühstück: Schon beim Ansehen oder Riechen von Essen sorgt bei Säugetieren der Körper dafür, dass das Hormon Insulin ausgeschüttet wird, um sich auf die Nahrungsaufnahme vorzubereiten. Die Sinneswahrnehmung führt dazu, dass im Hirn eine Entzündungsreaktion stattfindet, die für einen steigenden Insulinspiegel sorgt, beschreibt ein Forschungsteam der Universität und des Universitätsspitals Basel im Fachmagazin "Cell Metabolism".

Insulin ist ein Botenstoff, der von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird. Er sorgt unter anderem dafür, dass eine Mahlzeit im Verdauungstrakt verwertet wird, genauer gesagt: die Zuckerbestandteile. Sie werden zunächst zerkleinert und von Schleimhäuten aufgenommen und gelangen ins Blut. Damit steigt der Blutzuckerspiegel. Insulin senkt diesen wieder – indem es dafür sorgt, dass der Zucker aus dem Blut in Körperzellen geschleust wird, um die Energie zu verwerten.

Immunzellen im Hirn

Diese Kaskade wird bereist ausgelöst, bevor nur ein einziger Bissen verspeist wird, wie die Studie verdeutlicht. Es handle sich hierbei um die "neuronal vermittelte Phase der Insulinfreisetzung", teilte die Universität Basel am Donnerstag mit.

Wie die Forschenden um Sophia Wiedemann herausfanden, spielt der Entzündungsbotenstoff namens Interleukin-1beta (IL-1 beta) dabei eine wichtige Rolle: "Geruch und Anblick einer Mahlzeit regen bestimmte Immunzellen im Hirn an, die sogenannten Mikroglia", wird Wiedemann, Assistenzärztin für Innere Medizin, in der Mitteilung zitiert.

Veränderte Ausschüttung bei Übergewicht

"Diese schütten kurzfristig IL-1 beta aus, was wiederum über den Vagusnerv das vegetative Nervensystem anspricht." Das vegetative Nervensystem ist für Abläufe zuständig, die sich nicht wie etwa eine Armbewegung willentlich kontrollieren lassen. Es regelt unter anderem Herzschlag und Stoffwechsel. Über Nerven gelange das Signal des Entzündungsbotenstoffs an die Bauchspeicheldrüse. Dort wird dann verstärkt Insulin ausgeschüttet.

Die Studie zeigt auch, dass bei Übergewicht diese neuronal vermittelte Insulinausschüttung anders abläuft – das gilt sowohl im Mausversuch als auch beim Menschen. Dies hängt offenbar mit einem Überschießen der Entzündungsreaktion zusammen. Wenn dies im Zuge schwerwiegender Erkrankungen verhindert werden soll, sei es möglich, den Entzündungsfaktor IL-1 beta medikamentös zu hemmen, heißt es in der Forschungsarbeit. (red, APA, 1.7.2022)