Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter vermisst Medienpolitik.

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Wien – Seit sechs Monaten ist Susanne Raab (ÖVP) als Ministerin auch für die Medienagenden der Regierung zuständig, für die Neos passiert hier aber zu wenig. Die Inseratenkorruptionswürfe der letzten Wochen würden zeigen, wie dringend etwa das Medientransparenzgesetz reformiert gehöre.

Ein Viertel der Österreicherinnen und Österreicher seien mittlerweile der Meinung, dass man die Medien im Land kaufen könne, zitierte Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter am Freitag Daten aus dem jüngsten "Digital News Report" des Reuters Institute.

Sie sieht das als Anstoß, in der Medienpolitik etwas zu unternehmen. Von der zuständigen Ministerin Susanne Raab (ÖVP) sehe sie keine eigene Handschrift, es sei ihr ein Rätsel, warum Raab "hier nichts tut".

Raab begann im Frühjahr Diskussionsrunden mit Branchenvertretern und Expertinnen, einerseits über eine Reform von Regierungswerbung und Medientransparenzgesetz, andererseits über Medienförderungen – diesem Feld ordnete sie beim Dienstantritt Priorität zu.

Für Brandstötter könne man Vorfällen und Vorwürfen in Sachen Inseratenkorruption am besten entgegenwirken, indem die Koalitionsregierung das Medientransparenzgesetz reformiere. Bisher müssen Unternehmen Werbeaufträge in Medien erst ab einer Bagatellgrenze von 5.000 Euro pro Medieninhaber und Quartal bei der Rundfunkregulierungsgesellschaft (RTR) melden.

Obergrenze für Inserate, höhere Medienförderung

Diese Grenze gehöre aus Sicht der Neos abgeschafft, außerdem sollten auch – bisher ausgenommene – Buchungen in nichtperiodischen Publikationen veröffentlicht werden. So würden auch "unregelmäßig erscheinende ÖVP-Blätter" unter das Gesetz fallen. Inserate der öffentlichen Hand will Brandstötter allgemein mit einer Obergrenze regulieren, im Gegenzug solle die Presseförderung erhöht werden.

Die Diskussion um die Bestellung des neuen RTR-Geschäftsführers Wolfgang Struber habe gezeigt, dass auch dieses Auswahlverfahren reformiert gehöre. Der ehemalige Radio-Arabella-Chef wurde vergangene Woche von einer Auswahlkommission des Bundeskanzleramts als bester Kandidat vorgeschlagen. Der 2017 noch erstgereihte Bewerber um die Funktion wurde nach neuerlicher Bewerbung nicht zum Hearing eingeladen, was für Kritik und Verwunderung sorgte.

Der neue RTR-Geschäftsführer entscheidet sowohl über Radio- und Fernsehförderungen als auch über die neue Digitale Transformationsförderung, in diesem Jahr insgesamt rund 90 Millionen Euro.

Weitere "Baustellen" sehen die Neos im ausbleibenden neuen ORF-Gesetz, in sogenannten Slapp-Klagen gegen Journalistinnen sowie der in Österreich fehlenden Aus- und Weiterbildung für Medienschaffende. Konkrete Pläne und Maßnahmen für die Zukunft der "Wiener Zeitung" vermisst Brandstötter ebenfalls; die republikseigene Zeitung verliere Ende 2022 mit einer Neuregelung der Pflichtveröffentlichungen ihre wichtigste Finanzierungsgrundlage. (Astrid Wenz, 1.7.2022)