Andreas Ottenschläger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) haben die Reform des Parteiengesetzes zunächst untereinander, dann mit der Opposition verhandelt.

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Wien – Die Reform des Parteiengesetzes wird dem Nationalrat auf jeden Fall am kommenden Donnerstag zur Abstimmung vorgelegt. Darauf haben sich ÖVP und Grüne am Freitag auf STANDARD-Anfrage festgelegt. Damit dürfte die Umsetzung so gut wie fix sein: Denn sowohl die Regierungsparteien als auch der Parteienexperte Hubert Sickinger sind der Ansicht, dass es für die wichtigsten Vorhaben keine Zweidrittelmehrheit braucht.

Sickinger sagte zur Austria Presse Agentur: "Die Einblicksmöglichkeiten, und das ist der harte Kern der Reform, die kann man meines Erachtens schon verfassungskonform gestalten, ohne jetzt eine Verfassungsänderung zu machen." Dezidiert notwendig sei eine Zweidrittelmehrheit nur für das neu geschaffene Parteienregister – darin steckt das Herzblut der Koalition nicht unbedingt.

Koalition würde Gesetz auch allein beschließen

Eine Sprecherin des ÖVP-Klubs sagt, dass man Sickingers Rechtsansicht teile, auch die Grünen sind der Auffassung. Und beide Koalitionsparteien stellen klar: Eine Zustimmung von SPÖ und FPÖ wäre zwar schön, aber beschließen würde man das Gesetz auch allein oder nur mit den Neos, die ihre Zustimmung bereits signalisiert haben. Fix ist: Am Donnerstag wird abgestimmt. Aber "wir verhandeln bis zum Schluss", heißt es bei der Volkspartei.

Für Aufregung hatte am Donnerstag die Forderung der SPÖ gesorgt, Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker mit Inkrafttreten der Änderungen abzuberufen. Man würde sie ja wiederbestellen, erklärte SP-Verhandler Jörg Leichtfried. Dann eben mit breiterer Mehrheit: Zentrale Forderung der Sozialdemokratie war es ja, dass die Rechnungshof-Spitze wegen der erweiterten Kompetenzen mit Zweidrittelmehrheit statt wie bisher mit einfacher Mehrheit gewählt wird. Dem ist die Koalition auch nachgekommen.

Bittere Wendung für die SPÖ: Diese Änderung bedürfte tatsächlich einer Zweidrittelmehrheit. Sollten ÖVP und Grüne das Gesetz am Donnerstag also wirklich mit einfacher Mehrheit beschließen, wäre dieser Verhandlungserfolg perdu.

SPÖ skeptisch, ob einfache Mehrheit reicht

Im SPÖ-Klub zweifelt man aber ohnehin, ob die einfache Mehrheit für den Beschluss reicht: "Unsere Juristen sehen das sehr skeptisch", heißt es auf STANDARD-Anfrage. "Dass freilich die Regierung drei Tage vor der relevanten Ausschusssitzung plötzlich der Meinung ist, dass für die Beschlussfassung eine einfache Mehrheit ausreicht, zeigt im Übrigen, wie handwerklich schlecht Türkis-Grün arbeitet." Die SPÖ sei jedenfalls weiter verhandlungsbereit, "um zu einem gestärkten Rechnungshof und mehr Transparenz zu kommen".

Falls die Koalition das Gesetz allein beschließt und die SPÖ weiterhin der Auffassung ist, dass es eine Verfassungsmehrheit gebraucht hätte, müsste sie vor den Verfassungsgerichtshof ziehen, um das Gesetz prüfen zu lassen.

Die Neos stehen dem Entwurf übrigens grundsätzlich positiv gegenüber: "Es braucht endlich gläserne Parteikassen und das Ende von Steuergeldverschwendung und Korruption. Der vorliegende Entwurf kann ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein", findet Vizeklubchef Nikolaus Scherak. Angesichts der roten Verhandlungsstrategie sagt er: "Der Dilettantismus der SPÖ und dass sie ohne Not Margit Kraker absetzen will macht mich fassungslos." (Sebastian Fellner, 1.7.2022)