Aus Europa wurden laut WHO inzwischen mehr als 4.500 Fälle von Affenpocken gemeldet.

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Kopenhagen/Hamburg – Angesichts einer Verdreifachung der Affenpocken-Infektionen in Europa innerhalb von zwei Wochen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die europäischen Länder dringend zum Eingreifen aufgefordert. Die Länder der Region müssten in den kommenden Wochen und Monaten ihre Anstrengungen verstärken, um zu verhindern, dass die Affenpocken "sich in einem größeren geografischen Gebiet festsetzen", forderte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge am Freitag.

Die eigentlich seltene Viruserkrankung, von der weltweit zuletzt mehrere tausend Fälle nachgewiesen wurden, überträgt sich nach bisherigem Kenntnisstand hauptsächlich durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch.

Infektion über Oberflächen möglich

Eine am Freitag veröffentlichte Untersuchung von Forschenden des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) lieferte neue Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus. Demnach können Oberflächen, die an Affenpocken erkrankte Patienten berührt haben, hochgradig mit dem Virus belastet sein.

"Wir gehen davon aus, dass Oberflächen sehr stark belastet sein müssten, um sich durch den Kontakt mit dieser Oberfläche anstecken zu können", sagte Johannes Knobloch, Leiter der Studie und des Arbeitsbereichs Krankenhaushygiene des UKE. Dies betreffe wahrscheinlich vor allem in der Versorgung betroffener Patienten tätige Menschen sowie Personen, die mit einem Erkrankten zusammenleben. "Von öffentlich zugänglichen Handkontaktflächen wie Türklinken oder Aufzugknöpfen geht nach den bisherigen Erkenntnissen keine Gefährdung aus."

Weltweit mehrere tausend Fälle

Aus Europa wurden laut WHO inzwischen mehr als 4.500 Fälle von Affenpocken gemeldet, das sind 90 Prozent aller seit Mitte Mai weltweit registrierten Fälle. Bei den Affenpocken handelt es sich um eine weniger gefährliche Infektionskrankheit, die mit den seit etwa 40 Jahren ausgerotteten Pocken verwandt ist. Vor der globalen Infektionswelle kamen Fälle von Affenpocken üblicherweise in West- und Zentralafrika vor.

In Deutschland sind inzwischen mehr als 1.000 Affenpocken-Fälle erfasst worden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) wies in einer Online-Übersicht mit Stand Freitag insgesamt 1.054 übermittelte Fälle aus allen Bundesländern aus. Die ersten Affenpocken-Fälle in Deutschland waren vor etwa sechs Wochen bekannt geworden. In Österreich gibt es nach aktuellem Stand 37 bestätigte Fälle.

Zu den typischen Symptomen der Krankheit gehören hohes Fieber, geschwollene Lymphknoten und Windpocken-ähnliche Pusteln. Übertragen wird die Krankheit durch engen Körper- und Hautkontakt.

USA bestellten weitere 2,5 Millionen Impfdosen

Das US-Gesundheitsministerium hat indes beim dänisch-deutschen Pharmakonzern Bavarian Nordic weitere 2,5 Millionen Impfdosen gegen Affenpocken bestellt. Das Vakzin Jynneos soll Ende des Jahres und Anfang kommenden Jahres geliefert werden. Mit vorigen Bestellungen erhalten die Vereinigten Staaten 2022 und 2023 damit insgesamt 4,4 Millionen Impfdosen, teilte Bavarian Nordic mit. Bisher sind in den USA rund 350 Fälle einer Infektion mit Affenpocken gemeldet worden.

In der Europäischen Union ist Jynneos unter dem Namen Imvanex derzeit nur zur Impfung gegen Pocken zugelassen. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit, ob das Vakzin auch zur Impfung gegen Affenpocken zugelassen werden kann. (APA, wisa, 1.7.2022)