Der Kanzler und seine Jünger: Sebastian Kurz, Gerald Fleischmann, Johannes Frischmann und Bernhard Bonelli bei einer Regierungsklausur im April 2021.


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Es dauert einige Zeit, bis alle Trümmer aus der Regierungszeit von Sebastian Kurz beseitigt sind. So wurde im Finanzministerium die verwaltungstechnische Errungenschaft des Generalsekretärs einfach wieder abgeschafft. Das Kaufhaus Österreich hat Konkurs angemeldet. Und den im Ausland lebenden Kindern von in Österreich arbeitenden Frauen widerfährt endlich Gerechtigkeit.

Was wurde eigentlich aus den Kurz-Jüngern?

Lange musste man warten, bis das Zentrum des Trümmerhaufens erreicht war, und es ist ein Verdienst des "Trend", dort herumgestochert und endlich die Frage Was wurde eigentlich aus den Kurz-Jüngern so gut wie eben möglich geklärt zu haben.

So nimmt Bonelli gerade die letzten Hürden auf dem Weg in seine neue berufliche Existenz. Hoffentlich sind sie nicht zu hoch, denn es will der 39-Jährige seinen Wachstumsfonds Ende Juli aus der Taufe heben. Damit kehrt eine türkise Schlüsselfigur am Ballhausplatz der Politik so wohl länger, wenn nicht für immer den Rücken. Eigentlich schade, war er doch in der Tat der Einzige im Kurz-Team, dem auch vom grünen Re gierungspartner vornehmlich Gutes nachgesagt wurde. Daraus erklärt sich auch der Umstand, Bonelli dinierte in einem Innenstadtlokal mit der grünen Klubobfrau Sigi Maurer.

Was für eine Verschwendung politischer Talente!

Bernhard Bonelli war übrigens einmal Kabinettschef von Kurz. Gernot Blümel hingegen war der wohl engste Kurz-Vertraute auf der Regierungsbank. Er wurde von Kurz angesichts seines unvermeidbaren endgültigen Abgangs noch bis zuletzt bedrängt, seine Nachfolge als Kanzler und Parteichef zu übernehmen. Die Partei hätte ihn sicher mit 100 Prozent gewählt, schade. Blümel kurbelt nun als CEO für Superfund-Gründer Christian Baha international die Geschäfte an.

Was für eine Verschwendung politischer Talente! Aber in seinem Fall gibt es noch Hoffnung. Auf der ÖVP-internen Gerüchtebörse rangiert ein Termin im Umfeld der CDU ganz oben. Kurbeln ist nicht an bestimmte Länder gebunden.

Ein großer Kurbler in Kurzens Kabinett

Ein großer Kurbler in Kurzens Kabinett war auch Gerald Fleischmann, langjähriger PR-Promotor von Kurz und zuletzt Medienbeauftragter der Regierung. Der "Mister Message Control" ist nun dabei, der Politik den Rücken zu kehren. Im Herbst wird sich auch Kurz’ Mann fürs Medien-Grobe in Richtung Privatwirtschaft verabschieden.

Wieder schade. Denn in der ÖVP erzählt man sich, dass Fleischmanns höchst umstrittenes Know-how nach zehn Jahren als Medien-Einpeitscher an der Seite von Kurz über die besten Interventionswege und erfolgversprechendsten Druckpunkte im weitverzweigten Dickicht der ORF-Redaktionen weiter gefragt ist. Ein solches Genie lässt die ÖVP einfach laufen!

"The Brain", total still

Total still geworden ist es um den Kurz-Chefstrategen Stefan Steiner, im türkisen Inner Circle einst ehrfürchtig "The Brain" genannt. Über "The Brain" sagen heute ÖVP-Kritiker, der aus Wieselburg in Niederösterreich stammende Jurist, der nach wie vor seine heimatlichen Wurzeln sehr pflegt, sei "zu wenig über Wieselburg hinausgewachsen". Sein Fünf-Jahre-Beratervertrag mit der Volkspartei – 33.000 Euro Brutto-Monatshonorar läuft nun mit Ende 2022 aus. Um dieses Geld hätte er ruhig über Wieselburg hin auswachsen können. Stattdessen lässt er intern verlauten, dass er der Politik den Rücken Richtung Privatwirtschaft kehren wird. Dort wird er sich wohl etwas mehr anstrengen müssen, um ehrfürchtig "The Brain" genannt zu werden.

Personalchef der Türkisen

Axel Melchior, der "Personalchef" der Türkisen, spielte bei der Platzierung von Kurz-treuen JVP-Leuten in Kabinetten und im Parteiapparat eine Schlüsselrolle. Er hat es gut getroffen. Sein Parlamentsmandat hat er nach seinem Wechsel aus der Parteizentrale zum ÖVP-Großspender, dem Industriellen Klaus Ortner, behalten.

Nicht im Kabinett und doch dabei

Mit dabei, wenn auch nicht im Kabinett, war übrigens KTM-Chef Stefan Pierer, dessen Aufstieg zum Präsidenten der Industriellenvereinigung Oberösterreichs der "Trend" ebenfalls würdigte. Für seine Spende in Höhe von 436.000 Euro für Sebastian Kurz und dessen "Neue ÖVP" im Wahlkampf 2017 war er wiederholt ins politische Visier der Kurz-Opponenten genommen worden. Das hätte ihn weniger gestört. Aber nach der Implosion des Kurz-Systems im Oktober 2021 sagte Pierer dem "Trend", er würde fortan "keinen Politiker mehr unterstützen". Und er fügte hinzu: "Das Thema Weltenrettung habe ich aufgegeben."

Danach schimpfte er über "einen Bundeskanzler, der unter Missachtung des Aktiengesetzes über Nacht zwei Milliarden ausradiert hat". Er hat Pech mit der ÖVP. Aber wer mit Kurz die Welt rettet, ist über Wieselburg hinausgewachsen. (Günter Traxler, 2.7.2022)