Viele Menschen waren in den vergangenen Wochen und Monaten mit hohen Teilbeträgen und Nachzahlungen konfrontiert.

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Eine Pensionistin, die nun monatlich 139 Euro mehr für Heizung und Strom bezahlen muss. Eine alleinerziehende Mutter, die mit einer Nachzahlung von 600 Euro konfrontiert ist. Oder ein arbeitsloser Mann, der seinen Stromvertrag verloren hat: Der STANDARD hat vergangene Woche Leserinnen und Leser gebeten, über ihre aktuellen Strom- und Gasrechnungen zu berichten (siehe Protokolle unten).

Die Rückmeldungen zeichnen ein klares Bild: Viele Menschen waren in den vergangenen Wochen und Monaten mit hohen Teilbeträgen und Nachzahlungen konfrontiert. Anderen stehen sie erst bevor. Womit müssen Verbraucherinnen und Verbraucher rechnen?

Laut aktuellen Zahlen der Österreichischen Energieagentur sind die Haushaltspreise für Energie im Jahresvergleich um 38 Prozent gestiegen. Beim Gas lag der Preis im Mai sogar um 73,5 Prozent höher als im Mai des Vorjahres. Nach aktuellem Stand wird ein durchschnittlicher Haushalt dieses Jahr eine Erhöhung von 350 bis 500 Euro stemmen müssen.

Energieexpertin Karina Knaus geht aber davon aus, dass es nicht dabei bleibt: Die Preise werden weiter steigen. Denn Änderungen im Großhandel kommen meist erst zeitverzögert bei Privatkundinnen und Privatkunden an.

Nachzahlungen variieren stark

Energiepreise werden meist auf zwei parallelen Wegen von Kunden bezahlt: Einerseits bekommen sie Teilbeträge, auch genannt Vorschreibungen. Dabei handelt es sich um monatliche oder vierteljährliche Vorab-Beträge. Zeigt sich am Ende des Jahres, dass diese Teilbeträge nicht ausgereicht haben, um die Energiekosten zu decken, ist eine Nachzahlung fällig. Und eben vor hohen Nachzahlungen haben viele Kunden derzeit besondere Angst.

Die Höhe der Nachzahlungen, die Leserinnen und Leser dem STANDARD übermittelten, schwankte stark zwischen 200 und 3800 Euro. Wie hoch sie für einzelne Kundinnen und Kunden genau ausfallen "hängt sehr stark vom jeweiligen Einzelfall ab", erklärt Klaus Kraigher von der Energieagentur. "Die Unterschiede bei den Verbrauchern sind extrem groß."

Die Preise variieren stark zwischen Bestands- und Neukunden, Bundesländern, Energieanbietern, Tarifen und hängen natürlich auch vom Jahresverbrauch ab. Entscheidend ist letztlich aber, wie hoch die jeweiligen Teilbeträge zuvor waren.

Energieversorger dürfen diese Vorschreibungen grundsätzlich selbst festlegen, müssen dies laut Gesetz aber auf "sachliche und angemessene Art und Weise" tun. Gemeint ist damit, dass die Vorschreibungen anhand der aktuellen Marktpreise und des Verbrauchs im jeweils vorangegangenen Jahr festgesetzt werden. Bei neuen Kunden schätzen Energieanbieter den Verbrauch durch Vergleiche mit anderen Haushalten.

Telefone bei Versorgern laufen heiß

Sind die Vorschreibungen den Kundinnen zu hoch, können sie mit ihren Anbietern auch niedrigere Beträge vereinbaren. Dabei ist aber Vorsicht geboten. Denn es gilt: je höher die Vorschreibung, desto geringer die Nachzahlung. Wer also niedrige Teilbeträge bezahlt, hat zwar geringe laufende Kosten, aber später kann es umso mehr werden.

Zugleich können hohe Teilbeträge auch problematisch sein, vor allem bei kleineren Energielieferanten. Denn gehen die Unternehmen in Insolvenz – was mitunter bereits der Fall war –, wandert das zu viel bezahlte Geld in die Konkursmasse. Verbraucher bekommen nur noch einen Teil davon zurück.

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte bei seinem Strom- und Gasversorger erfragen, was bei der nächsten Jahresabrechnung zu erwarten ist. Viele Energieanbieter haben mittlerweile eigene Beratungsstellen eingerichtet. Dort laufen die Telefone derzeit heiß. Immerhin: Stromkunden haben gesetzlich das Recht, ihre Nachzahlungen in bis zu 18 monatlichen Raten zu bezahlen. (Joseph Gepp und Jakob Pflügl, 3.7.2022)