
Die drei Unterzeichner haben jedenfalls Freude mit der Finanzierungsvereinbarung für die TU Linz, die nicht mehr so heißen soll: Bildungsminister Martin Polaschek, Finanzminister Magnus Brunner und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP).
Bund und Land Oberösterreich haben die Finanzierung des Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) "politisch fixiert", wurde am Freitag verkündet. Konkret haben sich Bildungsminister Martin Polaschek, Finanzminister Magnus Brunner und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP) darauf geeinigt, dass das Land die Hälfte der Errichtungskosten für den Neubau, in den das IDSA einziehen soll, tragen wird.
Auf Basis von Brutto-Investitionskosten von rund 234 Millionen Euro ergibt das also einen Finanzierungsanteil des Landes in der Höhe von 117 Millionen Euro (Beträge ohne Valorisierung). Das Gebäude ist allerdings nur ein Posten auf dem Weg zur Errichtung "einer neuen innovativen Universität", wie Bildungsminister Polaschek nach dem Beschluss der als "TU Linz" geplanten Einrichtung, die sich der Digitalisierung und der digitalen Transformation widmen soll, im Ministerrat gesagt hatte. Demzufolge bedeutet die nun verkündete Finanzierungseinigung zwischen Bund und Land Oberösterreich auch: "Sämtliche andere aus dem Neuerrichtungsvorhaben entstammende Kosten übernimmt der Bund."
Im Endausbau – dieser ist mit Wintersemester 2036/37 terminisiert – sollen an der Linzer Digital-Uni 6280 Studierende betreut werden. Bis 2030 wird mit mehr als 5000 Studierenden kalkuliert.
Die ersten Jahre der universitären Neugründung, also 2022 und 2023, sollen finanziell "über die Johannes-Kepler-Universität abgewickelt" werden. Der JKU "werden dafür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt".
Was der Bund zahlen muss
Für die, wie es heißt, "nächste Gründungsphase" 2024–2025 sind im Bundesfinanzrahmen bereits jetzt weitere 45 Millionen Euro vorgesehen. Danach solle das Budget "laufend ansteigen", um im Vollausbau 2036 bei "mindestens 150 Millionen Euro jährlichem Budget für die Digital-Uni zu landen.
Eine Vergleichszahl: Die neue, im Vorjahr gegründete TU in Nürnberg im Nachbarland Bayern startet mit einem Investitionsbudget von 1,2 Milliarden Euro und soll im Endausbau ebenfalls an die 5.000 Studierende mit Lehre und Forschung auf universitärem Niveau versorgen.
Die drei ÖVP-Politiker, die das nunmehrige Finanzierungskonzept ausverhandelt haben, waren dementsprechend einig in der positiven Bewertung. Polaschek, zuständig für Bildung, Wissenschaft und Forschung, freut sich mit dem IDSA auf "eine Universität, wie es sie in dieser Form in Österreich noch nicht gegeben hat. Sie ist eine Bereicherung unserer Hochschullandschaft."
Finanzminister Brunner meinte: "Jeder Euro, den wir in Aus- und Weiterbildung investieren, ist ein gut investierter Euro." Bund und Land würden mit "außerordentlich viel Geld" den "Bildungsstandort weiter stärken".
"In Oberösterreich wird Zukunft geschrieben"
Und Landeshauptmann Stelzer, dem die TU Linz im Sommer 2020 noch vom damaligen Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz versprochen wurde, sieht im Digital-Institut "eine historische Chance für Oberösterreich und die ganze Republik" sowie ein "starkes und wichtiges Statement für unser Land. In Oberösterreich wird Zukunft geschrieben, auch wenn die Zeiten keine einfachen sind."
Weniger euphorisch reagieren große Teile der Scientific Community auf die geplante Universität, die auch nicht dem Universitätsgesetz unterworfen sein wird. Das ist ein Punkt, der schon im Begutachtungsprozess scharfe Kritik auslöste, etwa vom Rechnungshof und von der Universitätenkonferenz. Dies hält zudem, so wie die Senatsvorsitzendenkonferenz es formuliert hat, die zu enge Anbindung an die Industrie für höchst problematisch, weil sie die Wissenschaftsfreiheit "absehbar" gefährde.
Entsetzen in der Scientific Community über Konzept
Auch aus der Johannes-Kepler-Universität Linz (JKU) kam von wissenschaftlichen Hochkarätern, die genau in dem digitalen Bereich arbeiten, Kritik an der neuen "Uni quasi in der Uni" – sie soll ja auf dem Areal der JKU errichtet werden. Der Vorstand des Instituts für Mikroelektronik und Mikrosensorik und Vorsitzende des Betriebsrats für das wissenschaftliche Universitätspersonal der JKU, Bernhard Jakoby, meinte im STANDARD-Gespräch: "Eine Uni zum Thema Digitalisierung ist etwa so, als würde man eine Uni für Weltfrieden gründen. Ein wichtiges Querschnittsthema, aber kein Fokus für eine spezialisierte Uni." Das von der Industrie forcierte Profile entspreche mehr einer "Berufsschule mit illusionärem Harvard-Anspruch". Universität heiße aber "exzellente Forschung und forschungsgeleitete Lehre".
Regelrecht entsetzt über die politischen Uni-Pläne in Linz äußerte sich auch KI-Pionier Sepp Hochreiter, einer der weltweit führenden Wissenschafter im Bereich der künstlichen Intelligenz. Er lehrt – noch – an der JKU, wo er Leiter des Instituts für Machine Learning ist, trägt sich aber mit Abgangsgedanken, weil er das geplante Digitalisierungsinstitut im Kleid einer Universität "zum Weinen" findet. Es zeige, "was hier schiefläuft", sagte er in einem STANDARD-Interview. In Deutschland werde schon gelacht über diesen "Blödsinn". Anstatt "dass man das, wo wir schon jetzt gut sind und was alle anderen nachmachen, ausbaut und fördert, hat man das mit dieser neuen Uni alles in den Mülleimer getreten oder zerschossen", kritisierte Hochreiter. (Lisa Nimmervoll, 1.7.2022)