Man muss schon aufpassen, dass man angesichts der tristen Lage der österreichischen Innenpolitik nicht eine Institution überhöht, weil sie für Vertrauen sorgt. Aber Fakt ist: Während vor allem eine Regierungspartei mit immer neuen Korruptionsskandalen auffällt (und sich beharrlich weigert, damit verantwortungsbewusst umzugehen), macht der Rechnungshof genau das, was er tun soll: Er erfüllt seine Kontrollaufgaben nüchtern, aber mit dem notwendigen Antrieb. Das ist anzuerkennen – und sollte Anlass sein für eine ernsthafte Debatte darüber, wie man den Rechnungshof stärken kann.

Margit Kraker, Präsidentin des Rechnungshofs, ist zum Symbol für Unabhängigkeit und Äquidistanz geworden.
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Auf der Hand liegt das, was die türkis-grüne Koalition plant: echte Einschaurechte in Sachen Parteikassen. Dass sich der Rechnungshof aktuell auf die Berichte der von den Parteien ausgesuchten Wirtschaftsprüfungsfirmen verlassen muss, ist absurd. Dass er künftig bei begründetem Verdacht Einschau in die Konten halten soll, ergibt Sinn. Nicht erst seit den Parteienfinanzierungs- und Wahlkampfkostenskandalen der vergangenen Jahre.

Sechs Jahre nach der Wahl von Margit Kraker zur Präsidentin des Rechnungshofs ist es überraschend, dass ausgerechnet sie zum Symbol für Unabhängigkeit und Äquidistanz in dieser Rolle geworden ist – hat sie den Job doch nur wegen eines parteitaktischen Spiels der ÖVP bekommen. Es scheint, als wäre Krakers Persönlichkeit ein Glücksfall. Nicht auszudenken, was jemand mit weniger Integrität an der Spitze dieser Institution hätte anrichten – oder unterlassen – können.

Kommunikationsdesaster

Es ist deshalb schlüssig, dass SPÖ und FPÖ wegen der erweiterten Kompetenzen auch eine erweiterte Legitimation der Rechnungshofspitze wollen: Die Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten verleiht dem Amt Kraft und macht Spielchen wie bei Krakers Wahl unwahrscheinlicher. Die aufgetauchten Sideletter zeigen, wie schnell fragwürdige Personaldeals mit einer einfachen Mehrheit durchgedrückt werden können. Umgekehrt muss sichergestellt werden, dass ein destruktives Drittel die Wahl nicht komplett blockieren kann. Gegen eine Lösung für dieses Problem sollte sich die Opposition nicht wehren.

Wie kann die Politik den Rechnungshof noch stärken? Indem sie ernsthaft und respektvoll mit ihm umgeht. Die Sozialdemokratie ist der Auffassung, dass Kraker wegen des neuen Gesetzes neu gewählt werden müsse. Das ist nicht nur ein Kommunikationsdesaster, weil der Eindruck entsteht, die SPÖ wolle Kraker loswerden; dass sie das Gegenteil beteuert, hilft wenig – der Schaden ist angerichtet. Die Erfüllung der Forderung hätte auch obskure Folgen: Um Kraker eine Wiederwahl zu ermöglichen, müsste für sie ein eigener Passus verabschiedet werden – schließlich ist der Rechnungshof-Vorsitz aus gutem Grund auf eine Amtszeit beschränkt.

Vor allem aber erweckt die SPÖ mit ihrer Forderung den Eindruck, die Reform des Parteiengesetzes insgesamt verhindern zu wollen. Gläserne Parteikassen sind schließlich nur für wenige Parteien ehrlich erstrebenswert.

Wenn den Parteien etwas daran liegt, dass der Rechnungshof weiter das Vertrauen der Bevölkerung genießt, müssen sie auch seriös mit ihm umgehen. Das bedeutet in diesen Tagen, die Reform des Parteiengesetzes rasch abzuschließen – und auf Verhandlungstricks, Verzögerungstaktik und widersinnige Forderungen zu verzichten. (Sebastian Fellner, 2.7.2022)