Nicht alle Wiener Kellner sind grantig. Es gibt auch, vor allem in Lokalen mit ambitionierter Küche, die Überbemühten, die dem Gast unbarmherzig die Lebensgeschichte des mit Mozart großgezogenen Stubenkükens aus diesem wunderbaren Biobetrieb im nördlichen Waldviertel referieren und alle fünf Minuten am Tisch erscheinen, ob eh alles in Ordnung ist.

Für jeden Kaffeehausblockwart, der die Gäste barsch zurechtweist, weil sie sich einfach hingesetzt haben, ohne einen Sitzantrag in Dreifachausfertigung zu stellen, gibt es Kellner, die wissen, dass sie in einem Dienstleistungsgewerbe sind. Manche sind zusätzlich ziemlich witzig. Da zahlt man die exorbitanten Preise etwas bereitwilliger.

Wir nähern uns dem aktuellen Anlass. Wieder soll ein Wiener Traditionskaffeehaus sperren, das Westend. Erst vor kurzem mit Rücksicht auf den historischen Bestand renoviert, trägt es sich laut der Cafetierfamilie doch nicht. Es gibt bereits Aufrufe, die Stadt Wien möge übernehmen.

Das ist nicht ganz absurd, denn mit dem Programm "Stolz auf Wien" beteiligt sich die Stadt an Corona-geschädigten Unternehmen. Aber andererseits waren die Corona-Hilfen für die Gastronomie nicht schwach.

Vielleicht müssen auch manche Unternehmer ihre Konzepte überprüfen. Der Wiener Kellnergrant reicht vielleicht nicht mehr. Und nur für echte qualitätsvolle Dienstleistung kann man solche Preise verlangen. (Hans Rauscher, 2.7.2022)