Wer in Russland noch Smirnoff will, muss schnell zugreifen: Der britische Eigentümer stoppt den Verkauf im Ursprungsland.

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Zu Russland gehört auch Wodka. 1864 begann der Russe Peter Smirnow, jenes Getränk zu destillieren, das die Welt heute unter der Marke Smirnoff kennt. In der Spirituose spiegelt sich seit mehr als 150 Jahren auch die Geschichte Russlands wider. Jetzt wird ein neues Kapitel geschrieben, denn Smirnoff verlässt den russischen Markt – schon wieder.

Als Peter Smirnow seine Destillerie einst in Moskau gründete, filterte er seinen Wodka durch Holzkohle – das unterschied ihn von der Konkurrenz. Sein "Wässerchen", wie Wodka übersetzt heißt, war selbst am Zarenhof beliebt. Smirnows Sohn Wladimir übernahm später das Geschäft, musste 1914 aber zusperren, weil Russland im Ersten Weltkrieg ein Wodkamonopol ausrief. Smirnow junior kämpfte im anschließenden Bürgerkrieg gegen die roten Bolschewiki, entkam nur knapp dem Tod und floh letztlich aus Russland.

In Europa versuchte Smirnow, das Wodkageschäft wiederaufleben zu lassen. Das gelang 1925 in Frankreich, die Schreibweise wurde auf Smirnoff geändert. Der Erfolg blieb aber überschaubar – also verkaufte Smirnow die Produktionsrechte für Nordamerika an den russischen Emigranten Rudolph Kunett. Wladimir Smirnow starb 1934.

Zweimal Smirnoff

Im Zweiten Weltkrieg gab Kunett die Smirnoff-Rechte an einen Getränkeimporteur weiter. Viele Übernahmen und Verkäufe später landeten die meisten weltweiten Rechte beim britischen Getränkeriesen Diageo – die Sowjetunion als Heimat des Wodkas blieb Sperrgebiet. In den 1990er-Jahren wollte ein Urenkel von Peter Smirnow das Geschäft in Russland wieder aufbauen. Die westlichen Eigentümer registrierten daraufhin die Marke, fuhren die Importe hoch und klagten den Urenkel.

Nach dem Ende der Sowjetunion verleibte sich die Alfa Group des Oligarchen Michail Fridman das Geschäft des Urenkels ein. Für mehr als 50 Millionen Dollar übernahm Diageo alle Anteile und brachte die Marke unter seine Kontrolle. Seither verkaufte Diageo in Russland zwei Wodkas: den im Ausland produzierten unter Smirnoff in lateinischer Schrift und den aus russischer Herstellung unter Smirnow in kyrillischer Schrift.

Wegen des Ukraine-Kriegs zieht sich Diageo nun aus Russland zurück. Damit verschwindet dort der mittlerweile meistverkaufte Wokda der Welt erneut. Das letzte Kapitel wird das für Smirnoff wohl nicht sein. Denn ein kleines Team von Diageo bleibt vor Ort, um durch die Präsenz die Lizenz zu sichern. (Bettina Pfluger, 1.7.2022)