Die Netflix-Dokumentation "Gladbeck. Das Geiseldrama" rollt die Geiselnahme aus dem Jahr 1988 minutiös auf.

Foto: Netflix

Seit rund dreißig Stunden befinden sich zwei Geisel in der Gewalt der Bankräuber. Bei ihrer Flucht kapern sie einen Bus des öffentlichen Verkehrsnetzes mit 32 Fahrgästen. Immer wieder kommt es zu Verhandlungen mit der Polizei, aber auch mit Journalisten. Der Fotojournalist Peter Meyer verhandelt direkt mit den Tätern. Fernsehkameras halten die Szene fest – als Meyer zurückkehrt, kann er seine Emotionen kaum verbergen. Er wirkt allerdings kaum verängstigt, sondern eher freudig erregt.

Rekonstruktion mit Originalaufnahmen

Die Szene ist makaber genug und steht stellvertretend für ein Verbrechen, bei dem alles schiefging. Der Journalist Volker Heise stellt in der Netflix-Dokumentation Gladbeck. Das Geiseldrama die Ereignisse minutiös nach, verwendet dabei ausschließlich Originalaufnahmen. Die Geiselnahme von Gladbeck im August 1988 ist ebenso Dokument massiven polizeilichen Versagens wie journalistisches Schandmal.

Netflix Deutschland, Österreich und Schweiz

Jegliche ethischen Maßstäbe wurden über Bord geworfen. Sensationsgierige Journalisten drängten sich um die besten Plätze, ohne zu bedenken, dass Menschen in höchster Gefahr waren. Am Ende starben drei Menschen, die Bilder von der später ermordeten Silke Bischoff haben sich ins kollektive Gedächtnis eingeprägt. Ebenso der locker-lässige Ton, mit dem der RTL-Journalist Hans Meiser live mit einem der Entführer telefonierte.

Heise montiert das Bildmaterial, sodass sich daraus eine chronologische Abfolge ergibt. Einziges von außen einordnendes Element ist eine digitale Uhr, die anzeigt, wie viele Stunden dieser Albtraum dauerte. Die Bilder sprechen für den Wahnsinn, der da ablief. Jedes weitere Wort wäre überflüssig. (Doris Priesching, 4.7.2022)